Japan schlachtet erneut Delfine ab
Taiji (dpa) - Ungeachtet weltweiter Proteste schlachtet Japan erneut Delfine ab. Im Zuge der laufenden Jagdsaison haben Fischer im Walfangdorf Taiji nach Angaben von Tierschützern etwa 250 der kleinen Meeressäuger eingetrieben.
Darunter befänden sich Familienverbände mit trächtigen Weibchen und viele Delfinbabys. Die „schönsten“ Tiere werden an Delfinarien verkauft, der Rest wird abgeschlachtet. Ein Sprecher der Stadtverwaltung von Taiji erklärte am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die Jagd andauere. Wieviele Tiere seit Beginn der Fangsaison im September bisher schon in Taiji abgeschlachtet wurden, konnte er nicht sagen.
Zuerst wählen Tiertrainer in einer einsehbaren Bucht die „schönsten“ Exemplare für Delfinarien im In- und Ausland aus. Dies ist für die an der Jagd beteiligten Fischer ein lukratives Geschäft. Tierschützer nennen Preise von bis zu je 150 000 Dollar. Diesmal befindet sich nach Auskunft der Tierschutzorganisation Sea Shepherd auch ein schneeweißes Albino-Delfin-Baby darunter. Sollte das Tier die tagelangen Torturen überleben, dürfte der Verkaufspreis bei einer halben Million Dollar liegen, beklagte das deutsche Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF). „Das brutale Treiben muss sofort und auf Dauer beendet werden“, sagte WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller.
Zu den Kritikern zählt auch die neue US-Botschafterin in Tokio, Caroline Kennedy: Sie sei „tief besorgt über die Unmenschlichkeit“ der Delfintötungen, ließ sie im Kurznachrichtendienst Twitter verlauten. Die US-Regierung lehne Treibjagd-Fischerei ab, sagte Kennedy. Der Sprecher der japanischen Regierung, Yoshihide Suga, erklärte daraufhin am Montag in Tokio, die Delfinjagd sei Teil von Japans „traditionellem Fischfang“. Die Jagd werde „auf Grundlage des Gesetzes in geeigneter Weise“ durchgeführt, rechtfertigte sich der Sprecher nach Angaben japanischer Medien. Die kleinen Meeressäuger unterlägen nicht dem seit 1986 geltenden Walfangverbot, betonte er. Japan werden den USA den eigenen Standpunkt erläutern.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Sie sagte „heute.de“: „Das jährliche Gemetzel an Delfinen und Walen muss mal ein Ende haben.“ Künast fügte hinzu: „Die Bundesregierung muss sich gegenüber Japan klar äußern. Wale und Delfine sind keine Konkurrenz der Fischer, sondern eine zu schützende Spezies.“
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller sagte: „Auf Japan lasten Hunderttausende von Delfinleben. Die Abschlachtungen sind völlig sinnlos, und jedes Jahr finden weitere 20 000 Delfine in Japan ihren Tod. Wir müssen gemeinsam aufstehen, um das zu stoppen.“ Die Tierschutzorganisation forderte die Deutsche Botschaft in Tokio auf, bei der japanischen Regierung umgehend gegen die Treibjagd zu intervenieren.
In seinem Oscar-gekrönten Dokumentarfilm „Die Bucht“ hatte der US-Taucher und Unterwasser-Fotograf Louie Psihoyos der Weltöffentlichkeit mit Hilfe versteckter Kameras das Gemetzel vor Augen geführt. Neben Taiji, etwa 700 Kilometer südlich von Tokio, wird auch an wenigen anderen Orten Japans Jagd auf Delfine gemacht. Die Regierung setzt dabei Fangquoten fest. Allerdings ist die Zahl der gejagten Delfine nach Erkenntnissen von Umweltschützern rückläufig.
In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl der gejagten Delfine und Kleinwale um 83 Prozent zurückgegangen, von 18 369 auf 3104 Tiere, hatte die Organisation Pro Wildlife anlässlich der im September begonnenen und noch bis März andauernden Treibjagdsaison mitgeteilt. Auch Daten der Regierung bestätigen den Trend. Demnach waren im Jahr 2010 noch 6577 Delfine und Kleinwale gejagt worden, ein Jahr später seien es noch 3283 Tiere gewesen.
Das Fischereiministerium in Tokio nannte als einen Grund für den Rückgang die Tsunami-Katastrophe vom 11. März 2011, bei der viele Fischer ihre Boote verloren. Pro Wildlife vermutete dagegen als Grund für die rückläufigen Jagdzahlen, dass jüngere Japaner um die Belastung des Fleisches der Delfine mit Giftstoffen wüssten und es kaum noch verzehrten. Allerdings wird in Japan ohnehin generell kaum Wal- oder Delfinfleisch gegessen. Dies beschränkt sich meist auf Walfangorte. Laut Pro Wildlife werden allerdings immer mehr Tiere lebend gefangen und für hohe Summen an Delfinarien weltweit verkauft.