Sondergesetz beschlossen Japans Kaiser Akihito darf abdanken

Tokio (dpa) - Wenn einer in Japan den Ruhestand verdient hat, dann ist es dieser Mann. Seit Kaiser Akihito am 7. Januar 1989 den Thron bestieg, setzt sich das Oberhaupt der ältesten Erbmonarchie der Welt unermüdlich für seine Untertanen ein.

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Der inzwischen 83-Jährige macht den Opfern von Katastrophen Mut, besucht Altenheime und Einrichtungen für Behinderte und präsentiert sich auf internationalen Reisen als würdevoller Vertreter seines Landes. Mit seiner Gemahlin, Kaiserin Michiko - der ersten Bürgerlichen, die in die Monarchenfamilie einheiratete - hat Akihito so dafür gesorgt, dem hinter einem dichten Chrysanthemenvorhang abgeschotteten und verkrustet wirkenden Kaiserhaus zu einem etwas menschlicheren Gesicht zu verhelfen.

Doch nach mehr als einem Vierteljahrhundert auf dem Thron, einer Operation wegen Prostatakrebs und einer Bypass-OP kann und mag dieser Mann langsam nicht mehr. Aus Sorge, seinen Pflichten nicht mehr vollständig nachkommen zu können, bat Akihito im vergangenen August in einer seltenen Video-Botschaft darum abdanken zu dürfen. Etwas, was das Gesetz nicht vorsieht. Das Volk zeigte in Umfragen Verständnis für den beliebten Kaiser, viele Konservative reagierten verärgert.

Wochenlang beriet eine Regierungskommission. Erzkonservative Vertreter sollen dabei hinter verschlossenen Türen die Ansicht geäußert haben, der Kaiser solle sich einfach auf seine Rolle bei traditionellen religiösen Zeremonien am Hofe beschränken, dann müsse er auch nicht abdanken. Akihito soll dies tief getroffen haben, habe er sich doch all die Jahre mit „Herzblut“ für sein Volk eingesetzt.

Überhaupt erscheinen er und seine Familie fortschrittlicher als erzkonservative Verehrer der Tenno-Institution. Während Kritiker der rechtskonservativen Regierung zum Beispiel vorwerfen, Japans kriegerische Vergangenheit reinwaschen zu wollen, sollte Japan nach Ansicht des Kaisers vielmehr aus seiner dunklen Vergangenheit lernen.

Auch was eine umfassende Reform des kaiserlichen Gesetzes anbelangt, stellt sich das Lager der Konservativen auf die Hinterbeine. Zwar hat das Parlament nun ein Sondergesetz beschlossen, das es Akihito ermöglicht, abzudanken und den Thron an seinen ältesten Sohn Naruhito 57) zu übergeben. Damit ist er der erste Kaiser seit rund 200 Jahren, der zu Lebzeiten abdankt. Für Sohn Naruhito, der möglicherweise am 1. Januar 2019 neuer Tenno wird, gilt aber wieder die alte Regelung.

Für die Kritiker dieses Sondergesetzes ist das eine verpasste Chance. Denn die Zukunft des Kaiserhauses ist damit nicht gesichert. Der Monarchenfamilie geht nämlich allmählich der Nachwuchs aus. Das Problem: Nur männliche Nachfahren der männlichen Familienlinie dürfen auf den Thron. Doch in der jüngsten Generation ist mit dem zehnjährigen Prinzen Hisahito nur noch ein einziger Junge übrig.

Die weiblichen Mitglieder der Familie haben dagegen keinen Anspruch auf den Thron. Wenn sie heiraten, scheiden sie sogar aus der Kaiserfamilie aus und werden zu Privatpersonen. Das wurde dem Volk erst dieser Tag wieder bewusst, als Prinzessin Mako, Enkelkind des Kaisers, ankündigte, ihren früheren Studienfreund heiraten zu wollen.

Wären die Frauen Teil der Erbfolge, wäre das Problem gelöst. Regierungschef Shinzo Abe und seiner konservativen Wählerschaft ist diese Vorstellung aber ein Graus. Dass die Nachkriegsverfassung die Gleichheit der Geschlechter vorsieht, interessiert dabei nicht. Die aus ihrer Sicht von den Amerikanern aufgezwungene pazifistische Verfassung Japans ist ihnen sowieso ein Dorn im Auge, Abe will sie ändern.

Was also tun? Dem Sondergesetz zur Abdankung von Kaiser Akihito wurde eine Resolution beigefügt, die sich für eine Debatte darüber ausspricht, zum Beispiel Prinzessinen zu ermöglichen, am Hof zu bleiben und eigene Familienzweige zu gründen. Sollten sie dann Söhne bekommen, so scheint die Überlegung von Befürwortern, könnten die ja auf den Thron.

Doch selbst das ist erzkonservativen Tenno-Verehrern zuwider. Sie beharren darauf, dass es ein Mann einer männlichen Linie sein muss. Sie würden lieber eine Wiederaufnahme einiger Adelsfamilien sehen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Status verloren hatten.

Geschieht nichts, wäre eines Tages der heute zehn Jahre alte Hisahito als künftiger Kaiser gezwungen, eine Frau zu heiraten, die bereit sein müsste, einen Jungen zu gebären. Alleine das empfinden schon viele im Volk als Zumutung, wie die Zeitung „Mainichi Shimbun“ berichtete. Bekäme Hisahito keinen Sohn, würde die Kaiserfamilie aussterben. Darf auch nicht sein. Also doch eine Kaiserin für Japan?

Schließlich zeigt ein Blick in die Geschichte, dass es bereits acht Kaiserinnen gab. Die bisher letzte war Go-Sakuramichi, die 1762 den Thron bestieg. Die meisten Japaner würden laut Umfragen ohnehin eine Frau auf dem Thron befürworten. Vor einigen Jahren schienen auch Japans Politiker schon fast soweit. Doch dann kam plötzlich Hisahito auf die Welt. Und schon war das Thema Kaiserin wieder vom Tisch.