Kultur Sisi privat: Die Fotoalben der Kaiserin im Museum Ludwig
Köln · Wie viele Frauen gehobener Stände, sammelte auch Elisabeth von Österreich-Ungarn, genannt Sisi, in den 1860er Jahren Porträtfotografien – es war en vogue. Das Museum Ludwig verwahrt 18 ihrer Alben mit 2000 Fotografien im Carte de Visite Format; dies sind auf Karton fixierte kleine Fotografien.
Darauf zu sehen sind Adelige – viele Mitglieder von Elisabeths Familie –, Berühmtheiten und Kunstwerke.
Erst in den vergangenen Jahren wurden solche Alben als kreative Collagen, Ideenräume für soziale Gefüge und als Medium der Selbstreflexion wiederentdeckt. Unter den Alben der Kaiserin finden sich drei „Schönheiten-Alben“. „Ich lege mir ein Schönheiten-Album an und sammele nun Photographien, nur weibliche dazu. Was Du für hübsche Gesichter auftreiben kannst beim Angerer und anderen Photographen, bitte ich Dich, mir zu schicken“, schrieb sie ihrem Schwager Erzherzog Ludwig Viktor 1862 aus Venedig. Über den Minister des Äußeren ging jene Bitte kurz darauf auch an die Botschafter Österreichs in Konstantinopel, St. Petersburg, Paris, London und Berlin.
So kostbar die drei Schönheitenalben im Museum gestaltet sind – etwa mit Amethysten, Messingbeschlägen, Goldschnitt, in Leder gebunden – so heterogen scheint auf den ersten Blick die Zusammenstellung. Wie kuratierte Elisabeth diese Werke in ihrer privaten Schönheitengalerie, ihrem Pendant zu eben jener von gemalten Porträts schöner Frauen im Nymphenburger Schloss? Und wieso der Fokus auf Frauen? Die Antwort lautet: Sie nutzte diese inszenierten Bilder für die Konturierung ihres eigenen Images, denn sie war sich des Wechselspiels von Sehen und Gesehenwerden bewusst. Die Jahre, in denen sie die Alben anlegte waren jene, in denen sie, wie ihre Biografin Brigitte Hamann schrieb, aus Wien „geflohen“ war und monatelang in Venedig, auf Madeira und Korfu lebte.
In dieser Zeit der Abwesenheit aus Wien und des Sammelns von Fotografien reifte sie zu einer energischeren, selbstbewussteren Persönlichkeit, deren Schönheit legendär werden sollte. Und die Vorbilder ihrer Selbstinszenierung fand sie weniger im Adel, dem sie ohnehin kritisch gegenüber stand, als vielmehr bei den Stars der internationalen Bühnen. So empfand sie die kostbaren Kleider, die sie bei offiziellen Anlässen trug, auch eher als Verkleidung, sprach von „Geschirr“, in das sie gelegt war.
Mit etwa 30 Jahren beschloss Elisabeth, sich nicht mehr fotografieren zu lassen, nicht einmal mehr für eine medizinische Röntgenaufnahme. Und als sie in den 1880er Jahren begann, intensiv zu dichten, schrieb sie – die mit dem süßlichen Romy Schneider/Sissi-Charakter der Ernst Marischka Filme kaum etwas gemein hatte – „an die Gaffer“: „Es tritt die Galle mir fast aus, / Wenn sie mich so fixieren; / Ich kröch’ gern in ein Schneckenhaus / Und könnt’ vor Wut krepieren.“ In der Präsentation werden die Zusammenhänge zwischen ihrem geradezu obsessiven Sammeln von Frauenporträts und dem Bild, das sie von sich entwirft, skizziert.