Jeremy Irons — der Muster-Brite
Der elegante Schauspieler ist für seine vielseitigen Charakterrollen bekannt. Am Donnerstag wird er 65 Jahre alt.
London. Seine Markenzeichen sind seine ruhige, klangvolle Stimme und seine feingliedrige, kantige Erscheinung, die von vielen als „aristokratisch“ bezeichnet wird — die Rede ist vom britischen Schauspieler Jeremy Irons, der am Donnerstag seinen 65. Geburtstag feiert. Überzeugt hat Irons schon in vielen Rollen: als Antiheld, Psychopath, Patriarch. Zuletzt war er als skrupelloser Papst Alexander VI. zu sehen, in der dritten und letzten Staffel der Historienserie „Die Borgias“.
Dem „Telegraph“ sagte Irons einmal über die Rolle: „Ich habe noch nie einen Charakter, den ich gespielt habe, gehasst. Ich versuche immer, Menschlichkeit zu finden und den Grund für sein Verhalten.“
Geboren wurde Irons 1948 in Cowes, einem kleinen Ort auf der Isle of Wight. Er besuchte ein Internat in Dorset, wo er — wie er später sagte — eine „kunstfeindliche“ Erziehung bekam. Zum Ausgleich spielte er Theater und in der Schulband. Danach wollte er eigentlich Tiermedizin studieren, doch seine Noten in Physik und Chemie waren zu schlecht.
Deshalb jobbte er als Bühnenarbeiter und entdeckte seine Leidenschaft. „Das Theater, die Menschen, die Arbeitszeiten. Von der Schauspielerei war ich da zwar noch weit entfernt, aber ich habe gemerkt, dass ich es liebe“, bekannte Irons. Kurz darauf ergriff er die Chance zu einer zweijährigen Schauspielausbildung in Bristol.
Nach mehreren Jahren auf der Bühne gab er 1980 schließlich sein Debüt im Spielfilm „Nijinsky“ von Herbert Ross. Danach verkörperte er unter anderem den des Mordes angeklagten, dekadenten Bankier Claus von Bülow in „Die Affäre der Sunny von B.“, einen Jesuitenpater mit seelischen Abgründen in „Mission“ und psychotische Gynäkologen-Zwillinge in „Die Unzertrennlichen“.
Irons, der für viele Fans mit dem ruhigen Timbre, dem gescheitelten Haar und den aristokratischen Zügen den typischen Briten verkörpert, hatte schon immer ein Faible für Charakterrollen. „Ich denke immer wieder, dass ich genug Verrückte gespielt habe“, sagte er unlängst. „Aber ich kann mir nicht helfen. Dunkle, mysteriöse Charaktere mit Geheimnissen ziehen mich magisch an.“
So war er denn auch unvergesslich als Antiheld Humbert Humbert in der Neuverfilmung des Literaturklassikers „Lolita“. Der Film über die leidenschaftliche Affäre eines alternden Literaturprofessors mit einem 12-jährigen Mädchen sorgte in vielen Ländern zwar für Aufregung und kam bei Kritikern nicht gut an. Irons allerdings wurde eine gute Leistung bescheinigt.
In den 90er Jahren wandte er sich auch anderen Rollen zu. So verkörperte er im Action-Streifen „Stirb langsam: Jetzt erst recht“ den Gegenspieler von Hauptdarsteller Bruce Willis. Auch in den vergangenen Jahren blieben seine Rollen vielseitig. Im Thriller „Der große Crash“ etwa spielte Irons einen Bankchef und in „Nachtzug nach Lissabon“ einen Altphilologen, der die Zeit zurückdrehen möchte.
Irons ist in zweiter Ehe mit der Schauspielerin Sinead Cusack verheiratet, die beiden haben zwei Söhne. Ans Aufhören denkt der Schauspieler nicht. Er habe ein bisschen weniger Appetit, sagte er kürzlich. „Aber ich könnte noch 20, 30 Jahre leben, also kann ich nicht aufhören. Und ich würde auch nicht wollen.“