Joe Cocker an Krebs gestorben
Der Mann, der sich in Woodstock in das Herz der Hippie-Generation zappelte, überlebte etliche Drogen- und Alkoholexzesse.
Crawford. Viel abgeschiedener von seinen Freunden und der Welt kann man nicht sterben: Joe Cocker, einer herausragendsten Rock-Musiker seiner Generation, ist laut seinem Management am Montag in Crawford (US-Bundesstaat Colorado) an den Folgen einer langjährigen Lungenkrebserkrankung gestorben.
Crawford, Delta County, in ein Örtchen in der Mitte von Nichts und zählte 2009 laut US-Statistik gerade einmal 395 Einwohner. Dorthin, in die die Abgeschiedenheit des Mittleren Westens der USA, hatte sich Cocker auf eine Ranch zurückgezogen., wo er die letzten Jahre mit seiner Frau verbrachte.
Ein einziger Song und einziger Auftritt machten Joe Cocker, der am 20. Mai 1944 im nordenglischen Sheffield geboren wurde und auch dort aufwuchs, über Nacht berühmt: Beim Woodstock-Festival 1969 stand er mit wirren Haaren und wuchtigen Koteletten auf der Bühne und trug den Beatles-Song „With a Little Help from my Friends“ auf eine so einzigartige mit den Armen zappelnde Weise vor, dass nicht nur die Woodstock-Besucher liebend gern seine helfenden Freunde sein wollten.
Was nach dem Sensationserfolg in Woodstock folgte, hätte trotz der Hilfe noch so vieler Freunde ausgereicht, um mehr als einen Sänger umzubringen. Zeitweise gab es keinen zweiten Rockstar, der so wenig durch neue Songs, dafür aber mit immer wirreren Höhen und Tiefen seiner Alkohol- und Drogen-Karriere zu kämpfen hatte. Dass Joe Cocker überhaupt ein Alter von 70 Jahren erreichen würde — darauf hätte in den 70er und 80er Jahren niemand gewettet.
„Er war ohne Zweifel die größte Rock- und Soulstimme, die Großbritannien je hervorbrachte“, teilte sein Agent mit. Und niemand (Tom Jones eingeschlossen) verschwendete sie derart konsequent wie Cocker. Für den ehemaligen Klempner, geprägt von einer Jugend unter Stahlarbeitern, war die Rock- und Pop-Welt zu angefüllt mit Versuchungen.
Drogen habe es überall gegeben, und er habe sich regelrecht darauf gestürzt, sagte er einmal in einem Interview, und: „Wenn du erst mal in dieser Abwärtsspirale bist, dann ist es schwierig, da wieder rauszukommen“, so Cocker. Er brauchte Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dazu, und immer wieder hatten Fans den Eindruck, dass er es nie wirklich schaffte.
Am Leben hielt ihn wohl vor allem seine Frau Pam Baker. Sie habe ihm klar gemacht, was offenbar kein Jubel in keinem Konzertsaal vermochte: dass die Leute ihn immer noch singen hören wollten. In den 80er Jahren setzte Cocker zu einem Comeback an, das eigentlich niemand mehr für möglich gehalten hatte; 1983 gekrönt von einem Grammy.
Von den rund 40 Platten, die Cocker aufnahm, waren häufig die die besten, auf denen er bereits bekannten Stücken eine neue Variante hinzufügte. So wie 1969 „With a Little Help from my Friends“, das nie besser klang, als auf der Wiese in Woodstock.