Die Faszination Sissi — ein weltweites Phänomen
Die Streifen über das Lieben und Leiden eines Traumpaares genießen Kultstatus.
„Sie pappt an mir wie Griesbrei.“ Romy Schneider hat alles versucht, um sich von „Sissi“ loszusagen — vergeblich. Seit fast 60 Jahren verzaubert die Geschichte ihr Publikum, vorzugsweise an Weihnachten. Wieder und wieder flimmern die Liebesfilme aus den 50er Jahren über die Bildschirme. Nicht nur in Deutschland oder Österreich, sondern weltweit. Kaum ein Film wurde hierzulande so oft wiederholt wie „Sissi“, nur wenige Nachkriegsproduktionen schafften einen ähnlichen internationalen Erfolg.
„Sissi ist fast schon Weltkulturerbe“, sagte Regisseur Michael „Bully“ Herbig in einem Interview mit der „Welt“, als er 2007 seine Parodie „Lissi und der wilde Kaiser“ in die Kinos brachte. Der Animationsfilm fand vor sechs Jahren sein Publikum, im Gegensatz zu „Sissi“-Neuverfilmungen. „Remakes will keiner sehen“, sagt der Filmwissenschaftler Tobias Haupts von der Technischen Universität Berlin. „Sissi“ ist untrennbar mit Romy Schneider verbunden - und umgekehrt.
Fast 60 Jahre sind vergangen, seit im Sommer 1955 die Dreharbeiten zum ersten Teil begannen. Das Kino der 50er Jahre suchte sich „unverbrauchte Gesichter“, wie Haupts sagt, eben Schauspieler, die im Dritten Reich noch nicht auf der Leinwand zu sehen waren. Romy Schneider und Karlheinz Böhm seien „unbefleckt“ gewesen. „Ein Traumpaar. Ein bisschen wie Disney.“
Im Gegensatz zu Karlheinz Böhm haderte die Schauspielerin zeitlebens mit „Sissi“. Zur Mitwirkung am dritten Teil hatte Regisseur Ernst Marischka sie 1957 schon überreden müssen. Für einen vierten Teil bot er ihr die damals sensationelle Gage von einer Million Mark. Romy Schneider lehnte ab. Sie hatte die Schnauze voll von „Sissi“.
Ganz im Gegenteil zum weltweiten Fernsehpublikum. Einst hatte sich der Medienmogul Leo Kirch die Rechte an den „Sissi“-Filmen gesichert. Eine Goldgrube. Nach dem Niedergang des Kirch-Imperiums übernahm die Firma Betafilm in Oberhaching bei München die Rechte. Aktuell sind die Lizenzen in 71 Länder verkauft, wie Sprecherin Dorothee Stoewahse sagt. „Eine Wahnsinnsmasse.“ Frankreich, Litauen, Russland, die USA und Kanada, zählt sie auf. Aber auch in Japan, Hongkong, Neuseeland, Brasilien und dem Irak ist „Sissi“ zu sehen.
Der weltweite Triumphzug der „Sissi“-Filme machte letztlich auch die historische Figur der Kaiserin Elisabeth populär. In der Wiener Hofburg gibt es seit zehn Jahren das Sisi-Museum. Hier erfahren die Besucher, wie die echte Kaiserin gelebt hat. Taufkleid und erster Milchzahn sind ebenso zu sehen wie der Dolch, mit dem sie 1898 am Genfer See ermordet wurde. Eine Tragödie, die zum Mythos Sissi beiträgt. Für Wien sei die Kaiserin ein Glücksfall, sagt Norbert Kettner, Tourismusdirektor der österreichischen Hauptstadt. Aus aller Welt kämen Besucher in die Tourist-Info und fragten nach Sissi.
„Die Figur übt eine Faszination aus“, sagt auch Peter Weck (84) über Sissi. „Die traurige Kaiserin, die dann umgebracht wird. So etwas mögen die Leute.“ Der Schauspieler war dabei, als die „Sissi“-Story 1955 ihren Anfang nahm. Er spielte die Rolle des Karl Ludwig - Bruder von Franz Josef - der mit Sissi verlobt war.