Junge Köche geben deutscher Sterneküche Impulse
Karlsruhe/Berlin (dpa) - Junge Köche und ein kreativer Umgang mit regionalen Produkten bringen den deutschen Spitzenrestaurants immer mehr „Michelin“-Sterne ein.
Der am Donnerstag vorgestellte „Guide Michelin“ 2016 listet 290 ausgezeichnete Restaurants auf, 8 mehr als 2015. Die höchste Wertung von 3 Sternen erhielten allerdings nur 10 Häuser, eines weniger als im Vorjahr. In Mannheim hat das Drei-Sterne Restaurant „Amador“ geschlossen. „Die deutsche Gastronomie ist weiter im Aufwind“, sagte Chefredakteur Ralf Flinkenflügel.
Neu mit einem Stern ausgezeichnet wurden 26 Restaurants, 5 davon in der Hauptstadt. „In Berlin boomt die gute Gastronomie.“ Neue Zwei-Sterne-Restaurants gibt es in München („Atelier“), Frankfurt („Lafleur“), im rheinland-pfälzischen Piesport („schanz.restaurant.“) und in Berlin („Horváth“). „Ich orientiere mich an meiner Heimatküche“, sagte der 34 Jahre alte österreichische „Horváth“-Küchenchef, Sebastian Frank. Die komme ohne Luxusprodukte aus.
Drei-Sterne-Koch Kevin Fehling zog mit seinem Team von Lübeck-Travemünde („La Belle Epoque“) nach Hamburg um. Sein neues Restaurant „The Table“ in der HafenCity kommt sofort auf drei Sterne. „Es ist ein Mannschaftssport“, sagte der 38-Jährige. „Ohne mein Team bin ich gar nichts.“ Hamburg habe ihm immer gefallen, sagte der gebürtige Niedersachse. „Die Stadt passt zu meiner weltoffenen Küche. Und ich möchte möglichst nah an der Küste leben.“
Fehling bereite beeindruckende geschmackliche Kombinationen zu, die das Essen zu einem Erlebnis machen, lobte Flinkenflügel. „Die Küche gehört aus internationaler Sicht gesehen zu den besten.“
Deutschland liegt bei der Sterne-Küche in Europa hinter Frankreich auf dem zweiten Platz. Vor 50 Jahren hatten die ersten deutschen Restaurants ihren ersten Stern bekommen. Zwei Sterne gab es erstmals 1974 und drei Sterne 1980.
Mit 74 ausgezeichneten Restaurants, davon 2 mit 3 Sternen und 6 mit 2 Sternen liegt Baden-Württemberg traditionell an der Spitze der Bundesländer. Es folgen Bayern mit 49 Sternerestaurants und Nordrhein-Westfalen mit 45 Häusern. Berlin rückt seit Jahren immer weiter vor und hat im neuen „Guide Michelin“ 20 gekrönte Restaurants, davon 6 mit 2 Sternen.
Sternerestaurants finden sich vor allem in Metropolen und Ferienregionen. In den neuen Bundesländern geht die Entwicklung langsam voran. So bekam „Rugard’s Gourmet“ in Binz auf Rügen einen Stern. Insgesamt gibt es in Mecklenburg-Vorpommern 10 Sternerestaurants, in Thüringen 2, in Sachsen 5, in Brandenburg 3 und weiterhin keines in Sachsen-Anhalt.
In bundesweit 20 Restaurants erloschen Sterne. Manche wurden geschlossen, andere änderten ihr Konzept. Es gebe aber auch Fälle, in denen Köche die Michelin-Inspektoren nicht mehr von der Qualität ihrer Arbeit überzeugen konnten, sagte Flinkenflügel.
Eine besonders positive Entwicklung sieht der Tester-Chef in der Hauptstadt. Entscheidend für den Aufschwung sei das internationale Publikum. In Berlin entwickeln sich auch neue Trends. So setzt Koch Micha Schäfer vom „Nobelhart & Schmutzig“, das einen Stern erhielt, auf das Konzept „brutal lokal“. „Es geht darum, mit lokalen Zutaten einen eigenen Geschmack zu entwickeln.“
Der Trend zu jüngeren Spitzenköchen zeigt sich etwa im Restaurant „Am Kamin“ in Mülheim an der Ruhr. Küchenchef Sven Nöthel ist 27 Jahre alt. Es habe sich längst herumgesprochen, dass die deutschen Köche und besonders auch die jungen Nachwuchsstars im internationalen Vergleich weiter auf dem Vormarsch seien, sagte der internationale „Guide-Michelin“-Direktor Michael Ellis: „Die Leute gucken nach Deutschland für Inspirationen.“