Kein Händedruck für Patienten
Im Kampf gegen gefährliche Keime soll ein neuer Fragebogen die Hygiene in den Kliniken verbessern.
Düsseldorf/Bochum. Wenn Patienten in der Bochumer Augusta-Klinik künftig Visite ihres Arztes bekommen, dann fällt die Begrüßung spürbar frostiger aus als bisher. Denn einen Händedruck wird der Mediziner seinem Patienten nicht mehr geben. Für das gesamte Klinikpersonal gilt neuerdings striktes Händeschüttel-Verbot — aus hygienischen Gründen.
„Alle, die mit der Versorgung von Patienten zu tun haben, sind per Dienstanweisung verpflichtet, das Händegeben zu lassen“, sagte Geschäftsführer Ulrich Froes. Damit solle die Verbreitung von gefährlichen Keimen über die Hände verhindert werden.
Ganz so weit will NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) bei der Bekämpfung der multiresistenten Keime nicht gehen. Sie präsentierte am Donnerstag stattdessen einen neuen Fragebogen, mit dem Patienten die Hygiene in den Kliniken bewerten sollen. „Die Krankenhäuser müssen die Sichtweise ihrer Patienten beim Thema Hygiene stärker berücksichtigen“, sagte Steffens.
Auf dem Fragebogen soll unter anderem angekreuzt werden, wie oft sich das Personal die Hände desinfiziert hat oder wie gut man selber über Hygieneregeln aufgeklärt wurde. Schärfere Gesetze für eine bessere Hygiene brauche es laut Steffens dagegen nicht. Die bestehenden reichten aus und müssten nur umgesetzt werden.
Auch der Patienten-Fragebogen, der zusammen mit dem Landeszentrum Gesundheit NRW konzipiert wurde, ist lediglich eine Empfehlung und nicht verpflichtend. „Es geht hier nicht um Kontrolle. Die Krankenhäuser sollen ihre Strukturen von innen heraus verbessern. Da sie untereinander im Wettbewerb stehen, haben alle auch ein Interesse an hohen hygienischen Standards“, sagte Steffens. Auch die Auswertung sollen die Häuser selbst vornehmen.
Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW), Sprachrohr der landesweit 385 Kliniken, will in den nächsten Tagen alle Häuser informieren und den neuen Fragebogen gleich mit versenden. Wie mit möglichen schlechten Ergebnissen einer Befragung genau umgegangen wird, stehe hingegen noch nicht fest.
„Die Auswertung überlassen wir dem internen Qualitäts- und Hygienemanagement der Kliniken“, erklärte KGNW-Sprecher Lothar Kratz. Es sei jedoch selbstverständlich, dass die Häuser auch Konsequenzen ziehen. „Das Thema Hygiene steht seit langem ganz oben auf der Agenda“, sagte Kratz.
Hygiene-Experten betonten im Zuge der gestrigen Vorstellung des Fragebogens, dass Schmuck an Armen und Händen oder Nagellack für Klinikpersonal künftig tabu sein müsse — Händeschütteln wie in Bochum aber nicht. „Der menschliche Kontakt gehört zur Medizin“, sagte Martin Exner, Direktor des Hygieneinstituts der Universität Bonn. „Ich möchte auch keine Heime, wo man sich nicht mehr anfasst.“