Kein Kavaliersdelikt: Bafög-Betrug hat ernste Folgen
Nürnberg (dpa/tmn) - Studieren ist teuer. Nicht selten beantragen Studenten daher staatliche Unterstützung. Bafög bekommen aber nur Bedürftige. Manche schummeln daher in ihren Anträgen. Wenn der Schwindel auffliegt, kann sie das teuer zu stehen kommen.
Wer eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren möchte und dazu nicht das nötige Kleingeld hat, hat in Deutschland die Möglichkeit, Bafög zu beantragen. Die Bildungsförderung ist eine Sozialleistung und darf nur von jenen beansprucht werden, die sie auch wirklich benötigen. Um das zu gewährleisten, wirft das Amt einen Blick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers sowie den Verdienst seiner Eltern. Besonders in Sachen Vermögen werden die Fakten in den Förderanträgen nicht selten „frisiert“.
„Der im Bundesausbildungsförderungsgesetz festgelegte Vermögensfreibetrag für kinderlose Singles beträgt 5200 Euro. Alles, was drüber liegt, wird beim Ermitteln des Bafög-Satzes gegengerechnet, ab einer gewissen Vermögenshöhe gibt es gar keine Förderung“, erklärt Rudolf Anthofer, Leiter des Amtes für Ausbildungsförderung des Studentenwerkes Erlangen-Nürnberg. Um Bafög zu bekommen, machten Studenten hier immer wieder Falschangaben.
„Beliebte Masche ist auch, dass vor der Antragstellung Geld auf die Konten von Verwandten oder Freunden transferiert wird“, erzählt Anthofer. Geschehe das in Hinblick auf das Bafög-Ansinnen, handele es sich um eine rechtsmissbräuchliche Handlung. Kommt das heraus, wird das Geld dem Vermögen des Bafög-Beantragenden zugerechnet.
„Das Gleiche gilt für Geld, das von anderen auf den Namen des Antragstellers angelegt wird, sei es auf einem Sparkonto, in Form einer Lebensversicherung oder in Aktienfonds“, erläutert Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Dachverbandes der deutschen Studentenwerke (DSW). Rechtlich gesehen gehöre es zu dessen Vermögen. Und das unabhängig davon, ob er es dem Willen des Anlegers nach vielleicht erst viel später nutzen soll oder es gar nur aus steuerlichen Gründen „zwischengeparkt“ wurde.
„Sobald ich formal verfügungsberechtigt bin, wird die Wertanlage als meine gesehen. Selbst dann, wenn ich nichts von ihr weiß, was in seltenen Fällen tatsächlich der Fall sein mag“, erklärt Christian Birnbaum, Fachanwalt für Verwaltungs- und Arbeitsrecht in Köln. Um sich nicht unwissend schuldig zu machen, ist es deshalb ratsam, vor Antragstellung zu prüfen, ob „verstecktes“ Vermögen vorhanden ist.
Was neben genannten Werten alles angegeben werden muss - etwa Anteile an einer Immobilie oder der Zeitwert des eigenen Pkw -, wird in den Antragsformularen unmissverständlich formuliert. Bafög-Interessenten sollten die Papiere vollständig und wahrheitsgemäß ausfüllen, denn ihre Angaben können durch einen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) überprüft werden.
Bei dem seit 2001 durch Änderungen im Bundesausbildungsförderungs- und Einkommenssteuergesetz erlaubten Prozedere werden die beim BZSt gespeicherten Zinsfreistellungsanträge mit den Daten des Antragstellers abgeglichen. „Treten mehr als 150 Euro Zinsen zutage, führt das dazu, dass ein Antrag genauer geprüft wird“, erklärt Anthofer. Schließlich liege bei einer Gutschreibung in dieser Höhe nahe, dass das Vermögen des Betroffenen 5200 Euro übersteige. Konsequenz sei neben einer Befragung des Betroffenen unter anderem eine Abfrage seiner Konten.
Diese Abfragen haben ein gewisses Maß an krimineller Energie offenbart: „Allein von 2001 bis 2004 wurden deutschlandweit 40 000 Bafög-Betrugsfälle registriert. Die Summe der erschwindelten Leistungen lag bei 226 Millionen Euro“, erzählt Meyer auf der Heyde. Was als Stichprobenprüfung begann, wurde ob solcher Zahlen zur „allherbstlichen“ Routine.
„Seit Einführung des Datenabgleichs sind es weniger geworden, aber es gibt immer noch jedes Jahr Tausende von Fällen. Offenbar betrachten es viele als Kavaliersdelikt, sich Geld vom Staat zu ergaunern“, erklärt Birnbaum. Tatsächlich machten sie sich des Betruges schuldig und müssten mit empfindlichen Strafen rechnen: In erster Instanz leiten die Ausbildungsförderungsämter ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, in dessen Folge neben Rückzahlung der Bezüge mit Bußgeldern von bis zu 2500 Euro gerechnet werden muss. Da bei jedem Bafög-Betrug Meldung an die Staatsanwaltschaft erfolgt, kann zudem ein strafrechtliches Verfahren folgen.
Ist der Straftatbestand des vorsätzlichen Betruges nachgewiesen, wird je nach Schwere des Vergehens geahndet. Das fängt mit relativ milden Geldstrafen von 25 Tagessätzen an, kann aber auch richtig ins Geld gehen oder mit einer Gefängnisstrafe enden. „Bei Verurteilung gibt es einen Vermerk ins Bundeszentralregister, was für manche Berufsziele, etwa eine Beamtenlaufbahn, schon fatal sein kann“, erläutert Meyer auf der Heyde. Bei mehr als 90 Tagessätzen oder drei Monaten Haft erfolgt zudem ein Eintrag ins Führungszeugnis - man ist vorbestraft.