Keine Ausschreibung, kein Gegenkandidat

Rundfunkrat will zweite Amtszeit für WDR-Intendant Tom Buhrow im März abnicken.

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Köln. Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks will den Job von WDR-Intendant Tom Buhrow (58) um weitere sechs Jahre verlängern — ohne Ausschreibung und ohne Gegenkandidat. Das hat das Aufsichtsgremium der Anstalt in seiner gestrigen Sitzung einstimmig und ohne Enthaltungen beschlossen. Dem Gremium gehören Landtagsabgeordnete aller Fraktionen sowie so genannte Vertreter öffentlicher Belange an. Das Abnicken des zur Zeit mit 399 000 Euro Jahresgehalt dotierten Jobs soll in der März-Sitzung des Gremiums erfolgen. „Wenn ein unerwartetes Ergebnis dabei herauskommt, müssen wir überlegen, was wir tun“, sagte der Vorsitzende des Rundfunkrats, der frühere NRW-Chef des DGB, Andreas Meyer-Lauber.

Buhrow hatte vor vier Wochen gegenüber dem Rundfunkrat erklärt, er wolle sich für eine zweite Amtsperiode zur Wiederwahl zu stellen. Tom Buhrow war 2013 als Nachfolger von Monika Piel gewählt worden, seine sechsjährige Amtszeit endet erst im Mai 2019 — mit eher durchwachsener Bilanz. Bei seinem Amtsantritt, der vor allem innerhalb der Kölner Anstalt freudige Erwartungen auslöste, hatte Buhrow erklärt, er bringe die Liebe mit. Doch die beruht schon lange nicht mehr auf uneingeschränkter Gegenseitigkeit: Nach einem ersten Kassensturz kündigte Buhrow ein Sparprogramm von jährlich mehreren Millionen Euro an, da der Sender trotz Rundfunkbeiträgen von jährlich rund 1,3 Milliarden Euro strukturell auf die Pleite zulaufe.

Auf massive Kritik stieß WDR-intern die Verpflichtung von Hörfunkdirektorin Valerie Weber, die vom Privatradio kam. Mitarbeiter des Westdeutschen Rundfunks starteten auf dem Höhepunkt der Konfrontation 2015 einen Twitter-Account namens „WDR Leaks“, auf dem interne Spar- und Umstrukturierungs-Papiere veröffentlicht wurden; Weber erklärte öffentlich, sie sei von ihren Mitarbeitern „besonders enttäuscht“.

Buhrow kämpfte vergebens gegen die im Januar 2016 beschlossene Novellierung des WDR-Gesetzes, das unter anderem die Radio-Werbezeiten des Senders (und damit seine Einnahmen) stufenweise reduzieren soll. Als der Intendant daraufhin ernst mit der Ankündigung machte, unter anderem die Kunstsammlung des WDR zu veräußern, löste er einen Proteststurm in der Kulturszene aus. Der Wuppertaler Ästhetik-Professor und Kunsttheoretiker Bazon Brock bescheinigte Buhrow, dieser sei „verkommener als jeder Bank-Chef, der seine Spielchen auf dem Rücken der Allgemeinheit treibt.“

Den nächsten hausinternen Knatsch gab es Ende vergangenen Jahres, als Buhrow ankündigte, dass der WDR das Textangebot auf seinen Internetseiten künftig stark einschränken werde. Im Deutschlandradio sagte Buhrow zur Erklärung: „Ich will ein Signal an die Verleger setzen. Wir wollen nicht die ganze Zeit uns vor Gericht oder anderswo die Köpfe einschlagen, auch in der Zeitung, sondern lass uns gucken, dass wir auskömmlich miteinander auskommen.“ Buhrow stellte gestern vor dem Rundfunkrat klar, dass er der Textreduzierung aufgrund der Rechtslage (dem WDR ist die Herstellung presseähnlicher Artikel verboten), aber ohne innere Überzeugung zustimmt: „Ich halte das für eine völlige Fehleinschätzung der Verlage.“

Hintergrund der neuen Freundlichkeit zwischen dem WDR, den Verlegern und der neuen schwarz-gelben Landesregierung dürfte tatsächlich ein, wie Buhrow es formuliert, „auskömmliches miteinander Auskommen“ sein: Das Land bereitet derzeit eine Novelle des WDR-Gesetzes vor, dass die weitere Werbezeiten-Reduzierung vorerst aussetzt, was für den WDR nach eigenen Berechnungen einen Gegenwert von rund 60 Millionen Euro haben dürfte. Die 45 Lokalradios, deren Betreibergesellschaften überwiegend mehrheitlich Zeitungsverlagen gehören, halten sich mit Kritik erstaunlich zurück. Der WDR trennt sich vom 25-Prozent-Anteil an Radio NRW, das das Rahmenprogramm der Lokalradios liefert. Die WDR-Anteile könnten mehrheitlich wiederum bei einem Gemeinschaftsunternehmen der Verlage landen; am Ende ist alles eine Frage des Preises. Dabei ist der WDR offenbar nicht so notleidend, wie er gerne tut.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat gestern ihren 21. Bericht für 2017 bis 2020 veröffentlicht und einen Überschuss der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von 544,5 Millionen Euro für diesen Zeitraum errechnet und teilt mit: „Die Kommission sieht in diesem Zwischenbericht keine Notwendigkeit, den Landesregierungen eine Änderung der Höhe des Rundfunkbeitrags zu empfehlen.“

“ Den detaillierten Bericht der KEF gibt es hier:

https://kef-online.de/fileadmin/KEF/Dateien/Berichte/21._Bericht.pdf