Kevin Rudd: Der Diplomat
Der designierte australische Premier ist aus anderem Holz geschnitzt als alle seine Labor-Vorgänger.
Düsseldorf. Kevin Rudd, designierter australischer Premier, hatte seine Probleme mit seinem Ruf. Erst die Enthüllung über seinen Besuch in einem Striptease-Club im Sommer brachte die Wende zum Besseren. Nicht, weil das Volk so gerne dem Lotterleben frönt. Aber der 50-Jährige hatte bis dahin ein ziemlich langweiliges Saubermann-Image. Der Mann hat nie geraucht, keine wilden Jahre hinter sich, ist überzeugter Christ, und Affären sind auch nicht bekannt. Mit dem blonden Brillenträger bekommen die Australier einen Regierungschef, der aus anderem Holz geschnitzt ist als alle seine Labor-Vorgänger. Er schob die einst stramm linke Partei innerhalb von elf Monaten in die politische Mitte. Alte Partei-Kämpen sind entsetzt, wie Mark Latham, der der Gewerkschaftstradition treu blieb und als Spitzenkandidat vor drei Jahren die Wahl verlor. "Gier statt Großzügigkeit" sei wohl der neue Partei-Ethos, meint er. Der durchgestylte Rudd lässt so etwas abperlen. Der studierte Sinologe hat sich seinen Schliff auf internationalem Parkett geholt, als Diplomat in Schweden und China in den 80er Jahren. Klassik statt Klassenkampf - Vivaldi liegt ihm näher als die Internationale.