Kinder aus NRW in Sylter Klinik gequält?
Mutter stellt Strafanzeige wegen sexuellen Missbrauchs. Klinikleitung spricht von „Doktorspielen“ in einer Jungengruppe.
Westerland/ Bielefeld. Was ist in den Sommerferien geschehen in der Sylter Kurklinik für übergewichtige Kinder? Waren es Serienvergewaltigungen, wie eine Mutter (53) aus Bielefeld klagt? Oder "erweiterte Doktorspiele" in einer Jungengruppe, wie der Klinikbetreiber sagt? Eine Mutter hat Strafanzeige gestellt. Nach Angaben des Anwalts Carsten Ernst, der eines der Opfer vertritt, sollen bis zu zwölf Kinder misshandelt worden sein. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Die "Bild"-Zeitung hatte am Dienstag eine Mutter aus dem Raum Bielefeld mit der Aussage zitiert, ihr Sohn sei von einem anderen Jungen unter Schlägen zu Zungenküssen und Oralverkehr gezwungen worden. Die Frau wirft der Klinikleitung vor, die Vorfälle "bagatellisieren" zu wollen.
Nach Angaben des Klinikbetreibers DAK gab es hingegen keine sexuelle Gewalt. "Es hat in einer Gruppe mit 16 Kindern sexuelle Handlungen gegeben", räumte Krankenkassen-Sprecher Frank Meiners ein. Er sprach von "erweiterten Doktorspielen" auf freiwilliger Basis. Daran hätten sich in einer Wohngruppe 14 von 16 Jungen im Alter von neun bis 13 Jahren beteiligt. Die Jungen hätten wohl ausgetestet, "was man machen kann".
Anstifter seien drei Jungen im Alter von neun, elf und zwölf Jahren gewesen. Sie wurden dem Sprecher zufolge nach Bekanntwerden der Vorfälle, die in den Ruhezeiten geschahen, sofort von der Gruppe getrennt und dann nach Hause geschickt. Keines der Kinder sei strafmündig.
Die Jungen waren im Juli auf die Insel gekommen. Das "Haus Quickborn" steht in Westerland in Strandnähe und ist auf Abspeck-Kuren spezialisiert. Vier Gruppen von je 16Kindern können dort aufgenommen werden. Sie schlafen in Vier-Bett-Zimmern. Am 6. August offenbarten sich erstmals zwei Jungen einem Betreuer, so der DAK-Sprecher. Die Kripo wurde eingeschaltet, am Tag darauf ein Kind befragt.
Rechtsanwalt Ernst aus Bielefeld : "Ich glaube, dass wir erst am Beginn der ganzen Geschichte stehen." Für die DAK-Stellungnahme hat er kein Verständnis. "Da wird nun alles kleingeredet. Aber wer einen Analverkehr als erweitertes Doktorspiel betitelt, der hat den Sinn für die Realität verloren."