Kissenschlacht: Modeketten erobern Wohnzimmer

Frankfurt/Main (dpa) - „Schöner Wohnen“: Mehrere große Modeketten wollen jetzt nicht mehr nur im Kleiderschrank ordentlich mitmischen und eröffnen spezielle Filialen mit Wohntextilien. Das Ziel: Wohnzimmer neu „einzukleiden“.

Meerblaue Tischläufer, maritim bedruckte Kissen oder bonbonfarbene Badevorleger: Die Welt der Wohntextilien wird immer bunter. Lag das Geschäft mit den vier Wänden früher ganz in den Händen von Möbelhäusern, Raumausstattern und Fachgeschäften, drängen jetzt neue Anbieter auf den Markt. Einzelhändler wie Strauss Innovationen, Butlers und Das Depot haben schon zahlreiche Innenstädte erobert. Neue namhafte Konkurrenz kommt jetzt aus der Modebranche.

Mit Hennes & Mauritz (H&M) und Zara liefern sich jetzt zwei ganz große ausländische Textilkonzerne einen Wettstreit um die gute Stube der Deutschen. Die Modekette Zara eröffnete vor wenigen Tagen in Frankfurt am Main einen Shop mit Bettwäsche, Geschirr, Tischdecken und Accessoires. Am Donnerstag (14. April) ging H&M Home nur wenig entfernt an den Start.

Für beide Modeunternehmen ist es der erste Einrichtungsladen in Deutschland. Weitere dürften folgen. Noch für dieses Jahr hat Zara für Düsseldorf und Hamburg Geschäfte geplant. Weltweit betreibt die Kette 300 Einrichtungsläden in 28 Ländern. H&M Home gibt es bislang in europäischen Hauptstädten wie Stockholm, Kopenhagen, Helsinki, London und Oslo sowie in Amsterdam. In ausgewählten Ländern kann man die Kollektionen beider Unternehmen zudem online bestellen.

Für ihr Zuhause inklusive Möbel und Lampen geben die Deutschen pro Jahr etwa 40 bis 45 Milliarden Euro aus, wie die Marktforscher von IBH Retail Consultants errechnet haben. Allein für Handtücher, Badetücher und Tischdecken sind es nach den Daten des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels (BTE) etwa eine Milliarde Euro pro Jahr. Auf mehr als eine weitere Milliarde Euro veranschlagt der Verband die jährlichen Ausgaben für Bettwäsche.

Dass knallige Farben und exotische Muster vorherrschen ist für den BTE-Experten Axel Augustin keine Überraschung. „Das normale Weiße hab ich ja schon zu Hause“, meint er. Deshalb sollten neue Farben und Muster Kaufanreize schaffen. Das gelte auch für farblich abgestimmte Tischdekorationen vom Deckchen bis zum Geschirr. Allerdings: Der Markt für Heimtextilien sei in den vergangenen Jahren tendenziell leicht rückläufig gewesen.

Viele Parallelen zwischen Mode und Wohnaccessoires sieht Christian Hamann, Analyst bei der Hamburger Sparkasse. Er hält den Vorstoß von H&M und Zara für naheliegend: Beide Bereiche seien Trends unterworfen, und die Beschaffung der Waren sei ähnlich. Die Unternehmen hätten zudem Erfahrung mit der Anmietung von Innenstadt-Läden. In die Hände spiele zudem die Bekanntheit der Marken. „Die Unternehmen haben sich eine Marke aufgebaut, eine treue Kundschaft herangezogen, und dieses Vertrauen versuchen sie jetzt auf Heimtextilien zu übertragen.“

Einen anderen Weg verfolgt das Modeunternehmen Esprit. In Fachgeschäften und Möbelhäusern sind ganze Bädereinrichtungen und sogar Küchen und Echtholzparkett unter der Modemarke zu finden. Hergestellt werden die Waren in Lizenz von bislang zwölf Unternehmen wie Vorwerk oder Alno. Bei den Kunden komme das gut an, sagt Ursula Buck, Esprit-Lizenzdirektorin. „Home ist in den letzten Jahren zu dem am stärksten wachsenden Lizenzbereich bei Esprit geworden.“ Gut möglich, dass es irgendwann eigene Esprit-Home-Shops geben werde.

Große Einrichtungshäuser wie Ikea geben sich angesichts wachsender Konkurrenz gelassen. Zwar baut der schwedische Möbelgigant in Hamburg Altona sein erstes Einrichtungshaus in Innenstadtlage. „Das hat aber nichts mit H&M oder Zara zu tun“, versichert eine Sprecherin von Ikea Deutschland. Die Hamburger Innenstadt-Filiale, die 2013 öffne, habe Pilot-Charakter. Vergleichbares in anderen Städten sei derzeit nicht geplant. „Der Trend im Handel geht sicherlich zurück in die Städte, aber wir sehen unsere Zukunft weiterhin auf der grünen Wiese.“

Innenstadt-Lagen seien eben teuer, betont Augustin. Mit Heimtextilien die nötigen Erträge zu erwirtschaften, sei schwer. Deshalb bleibe abzuwarten, ob aus dem Vorstoß von H&M und Zara ein Trend werde.