Knut hatte Gehirnentzündung und Virus-Infekt
Berlin (dpa) - Zwei Wochen nach dem überraschenden Tod des Eisbären Knut ist die Ursache weitgehend klar: Der Publikumsliebling des Berliner Zoos ist nach einer wochenlangen Gehirnentzündung mit Muskelkrämpfen von seinem Felsen gestürzt und im Wassergraben des Geheges ertrunken.
Ein Virus habe die Entzündung verursacht, die auch Teile des Rückenmarks betraf, gaben der Zoo und das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) am Freitag in Berlin bekannt. IZW-Pathologin Claudia Szentiks machte deutlich, dass der erst vier Jahre alte Knut keine Überlebenschance gehabt habe.
Nach dem Erreger der Virusinfektion werde noch gesucht. IZW-Präsident Heribert Hofer teilte mit, dass bei der Sektion in seinem Institut keine Missbildung auf Grundlage von Gen-Defekten entdeckt wurde. Szentiks ergänzte, es gebe auch keine Hinweise auf übermäßigen Stress als mögliche Todesursache. „Dieser Eisbär litt nicht unter Stress, er ist nicht an einem Trauma gestorben.“ Es hatte wiederholt Spekulationen gegeben, dass Knut unter den Aggressionen der drei Eisbärinnen Tosca, Nancy und Katjuscha litt, mit denen er zuletzt auf dem großen Eisbär-Felsen im Zoo lebte.
Die Pathologin sagte, Knuts Entzündung sei so massiv gewesen, „dass er über kurz oder lang gestorben wäre“. Nervenzellen seien abgestorben gewesen. Eine krankhafte „Asymetrie in den Ventrikeln“ sei ebenfalls erkannt worden. Dies bedeutet, dass Hirnwasserkammern erweitert waren und der Abfluss von Nervenwasser behindert war. Dieser Teil der Diagnose war bereits am Mittwoch bekanntgeworden. Da hatte es allerdings auch geheißen, Knut sei nicht ertrunken.
Institutschef Hofer erklärte, Wildtiere könnten eine Menge Leid ertragen, ohne es nach außen zu zeigen. Knut könne an der Gehirnentzündung sogar über Monate gelitten haben. Auch andere Organe seien betroffen gewesen. Die Lunge sei mit Flüssigkeit gefüllt gewesen, es gab innere Blutungen.
Knut war nach der Geburt von seiner Mutter verstoßen worden. Der später ebenfalls überraschend gestorbene Tierpfleger Thomas Dörflein zog Knut per Hand auf. Die Bilder gingen um die Welt und berührten viele Menschen. Die Handaufzucht habe keinen negativen Einfluss auf Knuts Immunsystem gehabt, wurde unterstrichen.
Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz sagte, es gebe keine Anzeichen für eine Virus-Erkrankung der drei Bärinnen im Zoo. Der Tierpathologe Achim Gruber von der Freien Universität schloss allerdings nicht aus, dass auch andere Eisbären die Entzündung in sich tragen könnten. Der Zoo will eine Bronzestatue des beliebten Bären aufstellen.
Zum Streit um Knuts Überreste sagte der amtierende Direktor des Naturkundemuseums, Ferdinand Damaschun, es sei denkbar, Knut als Plastik in einer Ausstellung zum Klimawandel zu zeigen. Entscheidungen seien noch nicht gefallen. Es gebe keinen Grund zur Eile. Erst müsse die Untersuchung abgeschlossen sein. Das Fell des Bären liegt bereits im Museum.
Vor dem Berliner Zoo ist für diesen Samstag (15.00 Uhr) eine Demonstration gegen diese Pläne angemeldet. Im Zoo und in mehreren Internet-Foren sowie in einem virtuellen Gedenkbuch dauert die Trauer über den zu Lebzeiten von mehr als elf Millionen Menschen besuchten Eisbären an. Täglich legen Menschen Blumen, Fotos, Gedichte und Stoffbären vor dem Zoo ab - trotz Kritik an der Vermenschlichung der Trauer. Knut war in der mehr als 165-jährigen Geschichte des Zoos das meistbesuchte Tier.