Trauer um Knut - Debatte um Eisbären-Haltung
Berlin (dpa) - Die Trauer um den Eisbären Knut hält unvermindert an. Auch am Montag versammelten sich am nun leeren Gehege des am Samstag plötzlich gestorbenen Publikumslieblings Hunderte von Menschen.
Das virtuelle Gedenkbuch des Zoologischen Gartens enthielt bereits rund 2000 Einträge von Knut-Fans aus der ganzen Welt.
Währenddessen begann in einem Institut der Freien Universität in Berlin-Düppel die Analyse des Tierkadavers. Konkrete Ergebnisse lagen am Montag noch nicht vor. Knut war am Samstagnachmittag ohne vorherige Anzeichen einer Krankheit zusammengezuckt, ins Wasser gestürzt und gestorben.
Zu den zahlreichen Anfragen der Knut-Fans, was nun mit dem Körper geschehen solle, gab Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz bekannt, dass das Berliner Naturkundemuseum Interesse angemeldet habe. Der Präparator sei bei der Sektion dabei. Der Zoo-Chef sagte, er könne sich vorstellen, dass der präparierte Knut wie einst das Elefantenbaby Kiri im Naturkundemuseum Tierfreunden gezeigt werde. Möglich sei auch, am Eisbärengehege im Zoologischen Garten zum Gedenken eine kleine Skulptur von Knut aufzustellen, „vielleicht, wie Knut als Baby war“, sagte Blaszkiewitz.
Nach dem Tod der Zoo-Attraktion, die zu Lebzeiten von rund elf Millionen Menschen besucht worden und weltweit bei den Fans beliebt war, ging die Debatte um die künftige Haltung von Eisbären weiter. Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz sagte in einem dpa-Gespräch, es sei völlig klar, dass Knut „nicht in einer Stresssituation gestorben ist“. Die Gruppenhaltung mit drei Weibchen sei damit nicht in Verbindung zu bringen.
Der Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin, Klaus Lüdcke, forderte dagegen einen Stopp der Eisbären-Haltung. Er schloss sich damit Forderungen der Tierrechts-Organisation Peta, des Deutschen Tierschutzbundes und der tierpolitischen Sprecherin der Grünen in Berlin, Claudia Hämmerling, an. In elf deutschen Zoos werden aktuell noch Eisbären präsentiert.
Blaszkiewitz verteidigte die bei Tierschutz-Organisationen und vielen Zoo-Besuchern umstrittene Maßnahme des Zoos, Knut mit den Eisbärinnen zusammenzubringen. „Vorher haben alle geweint, dass Knut lange allein lebte“, sagte Blaszkiewitz. Mit der Gruppenhaltung habe der Zoo der Kritik entgegenwirken und Knut Beschäftigung verschaffen wollen. Blaszkiewitz widersprach der von vielen Zoo-Besuchern wiederholt geäußerten Kritik, Knut sei von dem Damen-Trio ständig gemobbt und isoliert worden. „Nur anfangs, längst haben sie sich gegenseitig gejagt und auch miteinander gespielt, auch am Todestag.“
Dem entgegnete der Berliner Tierschutzbeauftragte Lüdcke, dass diese Haltung „nicht artgerecht“ sei. Die Tiere seien „eindeutig reine Einzelgänger“. Gemeinschaft und Geselligkeit suchten sie nur in der Paarungszeit. „Nur dann können sie sich riechen, nur dann stimmt die Chemie.“ Die Haltung in Zoos führe zwangsläufig zu Stress bei den Tieren.
Der Nürtinger Tierrechtler Frank Albrecht bekräftigte seine Forderung nach dem Ende der Eisbären-Präsentation. Er sehe einen möglichen Zusammenhang „zwischen Inzest, Erbkrankheit und Stress“. Es sei äußerst bedenklich, dass mehrere Nachkommen von Knuts Vater Lars nicht lange überlebten. Ein Geschwistertier von Eisbärin Lisa, Knuts Oma, sei 1975 ebenfalls im Alter von vier Jahren nach Störungen des Gleichgewichts und einem Anfall im Wasser ertrunken.
Knuts Vater Lars habe im Zoo Wuppertal kürzlich eine Erkrankung nur knapp überlebt. Lars sei durch Inzest gezeugt worden. Albrecht beschuldigte beide Berliner Zoos im Westteil der Stadt und in Friedrichsfelde. Dort sei Inzucht „mittlerweile fast schon Alltag“. Berlins Zoo-Chef Blaszkiewitz lehnte Stellungnahmen zu den Erklärungen von Albrecht, Peta und des Tierschutzbundes grundsätzlich ab. „Das sind ausgewiesene Feinde der Zoo-Haltung. Was da kommt, ist alles Unsinn“, sagte er.