Vater gibt im Missbrauchsprozess alles zu
Koblenz (dpa) - Am Ende gab er doch alles zu: Unmittelbar vor dem Plädoyer seines Verteidigers hat der angeklagte Familienvater im Koblenzer Missbrauchsprozess überraschend ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Der 48-jährige Detlef S. aus Fluterschen im Westerwald räume alle Vorwürfe aus dem Plädoyer der Anklage ein, sagte sein Anwalt Thomas Düber. Dabei geht es um rund 160 Fälle von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung sowie Beihilfe zu diesen Taten. Opfer waren drei seiner Kinder - eine heute 18 Jahre alte Tochter, eine 27 Jahre alte Stieftochter und deren Zwillingsbruder. Der Verteidiger beantragte anschließend neuneinhalb Jahre Haft für seinen Mandanten.
Das Urteil soll an diesem Dienstag vor dem Landgericht gesprochen werden. Bislang hatte Detlef S. nur die Übergriffe auf seine Tochter eingeräumt und zugegeben, sieben Kinder mit seiner Stieftochter gezeugt zu haben. Staatsanwalt und Nebenklage hatten in der Vorwoche 14 Jahre und 6 Monate Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert. Dabei blieb es auch nach dem Geständnis.
Bei seinem Mandanten habe ein Umdenken stattgefunden, sagte Verteidiger Düber. Die Aussage der Tochter, kritische Medienberichte und Morddrohungen von Mithäftlingen im Gefängnis seien Gründe dafür gewesen. Das habe dazu geführt, „dass das Bild, das der Angeklagte von sich selber hat, erstmals Risse bekommen hat“, hieß es im Plädoyer des Verteidigers. „Der Mann, der als Herrscher und Tyrann bisher seiner Familie vorstand, ist jetzt selbst Opfer geworden.“
Anders als die Staatsanwaltschaft lehnte der Anwalt eine Sicherungsverwahrung für seinen Mandanten ab. „Seine Straftaten trafen allesamt sein familiäres Umfeld und nicht die Allgemeinheit.“ Deren Gefährdung sei jedoch eine Voraussetzung für die Verhängung der Sicherungsverwahrung. Es sei auch wenig wahrscheinlich, dass der 48-Jährige nach seiner Freilassung eine neue Familie gründe oder gar in die alte Familie zurückkehre. Dass Detlef S. voll schuldfähig ist, hatte ein Gutachter attestiert und zugleich auf das antisoziale und manipulierende Verhalten des Angeklagten hingewiesen.
Der Angeklagte, der den Prozess lange Zeit - auch bei den Aussagen seiner Kinder - fast regungslos verfolgt hatte, brach am Ende in Tränen aus. „Ich möchte mich bei den Opfern entschuldigen, es tut mir wirklich leid“, sagte der 48-Jährige mit gebrochener Stimme. Für die Nebenklage war das nur ein taktisches Manöver. „Das war mal wieder eine schauspielerische Leistung“, sagte die Anwältin der Tochter, Sandra Buhr. Seine Situation im Strafvollzug berühre ihn mehr als das Schicksal seiner Opfer.