Kommunen: Wo die Städte sparen wollen
Bei den Streich-Ideen wird niemand verschont: Kinder, Tiere, Sportler und auch Tote.
Viersen/Solingen. Ein großes Feuerwerk ist nicht mehr drin. "Dabei freut sich doch die ganze Stadt Viersen jedes Jahr auf den Auftakt von unserem Festival ,Viersen Blüht’", erzählt Stadtsprecher Peter Abrahams. Aber nun ist das Geld nicht mehr da, und das Feuerwerk muss weg.
In Zeiten immer knapper werdender Kassen warten die Kommunen mit immer ausgefalleneren Sparvorschlägen auf. "Viele von ihnen waren schon vor der Finanzkrise aussichtslos verschuldet. Alle einfachen Sachen - wie etwa Personalabbau - haben die längst mitgenommen", sagt Lars Holtkamp, Verwaltungswissenschaftler an der Fern-Uni Hagen.
Auch bei Kultur und Sport ist schon kräftig der Rotstift angesetzt worden. "Deswegen sind die Ideen, von denen man jetzt hört, die letzten Sparvorschläge, die man sich noch vorstellen kann, und das ergibt dann eben ein derartiges Kuriositäten-Kabinett", sagt Holtkamp. "Das alles bringt eine gewisse Hilflosigkeit zum Ausdruck."
In Viersen ist es nicht nur das Feuerwerk. Auch einige andere Feste und das Ausstellungshaus der Kreisstadt, die fast 112 Millionen Euro Schulden hat, stehen auf dem Prüfstand. "Und natürlich die Pflege der Grünflächen: Bisher gehen wir da alle zwei Wochen mit dem Rasenmäher drüber, aber vielleicht reicht es ja auch alle drei", sagt Stadtsprecher Abrahams. "Wir müssen über alles nachdenken, es gibt keine Tabus mehr."
Die Tabus sind auch in Bochum längst gefallen, die Stadt hat 1,3 Milliarden Euro Miese. "Es gilt zu sparen, wie es geht und wo es geht", sagt Stadt-Sprecher Thomas Sprenger. "Das geht vom Papiersparen bei der täglichen Erstellung des Presse-Spiegels bis hin zu großen Plänen wie dem neuen Haus der Symphoniker."
Auch die Tiere des Vogelparks im Stadtteil Wattenscheid sind vor den Plänen nicht mehr sicher - sie könnten verkauft werden. Zudem sollen Trauerhallen, in denen normalerweise Tote bei Bestattungszeremonien aufgebahrt werden, für "kulturelle Zwecke" vermietet werden. Beschlossen ist das alles jedoch noch nicht.
Essen will den Schul-Kakao abschaffen - die Milch soll’s machen. In Wuppertal werden kaum mehr neue Blumen gepflanzt, in Solingen soll die sogenannte "Brötchen-Taste" an Parkautomaten für kostenloses Kurzzeit-Parken dran glauben, und Duisburg plant, die Temperatur der Schwimmbäder zu senken. In Gütersloh übernehmen Bürger Patenschaften für die städtischen Grünflächen vor ihren Häusern, und Grevenbroich schickt seine Toten zur günstigeren Einäscherung in ein Krematorium in Rheinland-Pfalz.
Trotzdem hätten die Städte und Kommunen noch lange nicht genug über Sparmöglichkeiten und neue Einnahmen nachgedacht, meint Verwaltungswissenschaftler Holtkamp. "Durch mehr Zusammenarbeit der Städte und mit Hilfe des Internets kann man noch erheblich sparen." Zudem müssten die Bürger mehr beteiligt werden, "denn Kreativität kann ja nur in öffentlichen Diskussionen entstehen."