Krawalle im Stadion: Polizisten bitten zur Kasse

Nach den jüngsten Krawallen sollen die Vereine für den Einsatz der Beamten zahlen.

Düsseldorf. Jagdszenen am Stadion: Am Samstag in Mönchengladbach erlebte die Fußball-Bundesliga einen Rückfall in die 70er Jahre. Rund um den Borussen-Park prügelten sich sogenannte Fans von Borussia Mönchengladbach und dem 1.FC Köln. Busse wurden demoliert, die Zufahrtsstraße gesperrt, viele schockierte Familienväter kamen mit ihren Schützlingen zu spät ins Stadion.

600 Polizisten versuchten zunächst vergeblich, die Schläger auseinanderzuhalten. Elf Festnahmen und ein immenser Sachschaden - so die vorläufige Bilanz. "Das ist kein Einzelfall mehr und nicht mehr hinzunehmen. Die Vereine müssen sich ihrer Verantwortung stellen", sagte Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), unserer Zeitung.

Gestern Mönchengladbach, morgen Essen, übermorgen Wuppertal, dann wieder Schalke - an jedem Wochenende gibt es neue Brennpunkte in der NRW-Fußballszene. Die 18 Hundertschaften der NRW-Polizei sind im Dauereinsatz - zumal die Fußballspiele eigentlich nur einenTeil ihrer Aufgaben ausmachen sollten. Denn dazu zählt auch die Absicherung von Demonstrationen. "Wir gehen auf dem Zahnfleisch und sind mit unseren Kräften am Ende."

Alleine in der vergangenen Saison hätten die Beamten 970 000 Arbeitsstunden für die Klubs abgeleistet. "Das entspricht rund 1000 Planstellen", so Wendt. Es sei nur gerecht, wenn sich die Vereine an den reinen Personalkosten von 80 Millionen Euro mit rund 50 Millionen Euro beteiligten. "Fußball ist ein Riesengeschäft und ganz anders zu bewerten als ein hoheitliches Grundrecht wie etwa das Recht auf Demonstration", so Wendt.

Der DFB reagierte auf diese Forderung ablehnend. "Das ist populistisch und absurd. Der Schutz rund ums Stadion gehört zu den Kernaufgaben der Polizei", sagte Harald Stenger, Kommunikationschef des DFB, unserer Zeitung. Gleichwohl räumte er ein, dass das Gewaltproblem seit "drei bis fünf Jahren" wachse. Deshalb werde der DFB Mitte November zusammen mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nach Lösungen suchen.

Die DPolG ist dazu nicht geladen, denn sie hat eine sehr DFB-kritische Meinung. "Gerade im Osten hat der Verband die Lage gar nicht mehr im Griff, und im Westen wird es auch immer schlimmer. Es muss sogar Spielverbote geben - zum Beispiel gegen Hansa Rostock", wetterte DPolG-Chef Wendt. Dort gab es jüngst 52 Festnahmen und zahlreiche Verletzte nach dem Zweitliga-Spiel gegen St. Pauli.

In der Tat eskaliert die Situation gerade in den niedrigen Klassen der neuen Bundesländer: Zum Beispiel im Mai beim Landesliga-Spiel Bornaer SV gegen Lokomotive Leipzig. Mehrere hundert Beamte mussten dieses Spiel in der 7. Spielklasse schützen. "Das ist Wahnsinn", sagte Wendt.

Auch die Gewerkschaftskonkurrenz von der GdP beobachtet diese Entwicklung mit Sorge, hält aber die Forderungen nach einer Kostenbeteiligung für falsch. "Wenn das so käme, könnte sich jeder zu x-beliebigen Zwecken eine Polizei mieten und später auch für die Folgen haftbar machen", so GdP-Landeschef Frank Richter. Seine Gewerkschaft hat einen anderen Vorschlag: "Wir wollen einen Polizeigipfel mit den Vereinen und dem DFB. Da muss ganz offen über die schwierige Situation geredet werden", so Richter.

Das soll nun im November über die Bühne gehen. Bis dahin wird es noch einige Spieltage geben. 25 Vereine aus NRW spielen in den obersten drei Ligen. An jedem Wochenende gibt es mindestens drei Brennpunkte - garantiert.