„Energie als Waffe“ Bundesregierung sieht Stopp von Gaslieferungen mit Sorge - und rechnet mit schwächerem Wirtschaftswachstum

Russland macht Ernst: Polen bekommt kein russisches Gas mehr. Im Bundeswirtschaftsministerium ist man besorgt - und rechnet mit einem deutlichen Dämpfer für die Konjunktur in Deutschland.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz .

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Bundesregierung sieht angesichts der Folgen des Ukraine-Kriegs deutliche Risiken für die Konjunktur in Deutschland. Sie rechnet in diesem Jahr mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum. In der am Mittwoch vorgelegten Frühjahrsprojektion wird nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,2 Prozent erwartet, für 2023 ein Wachstum von 2,5 Prozent. Im Januar hatte die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht noch mit einem Wachstum von 3,6 Prozent in diesem Jahr gerechnet.

Eine baldige Entspannung bei den hohen Verbraucherpreisen erwartet die Bundesregierung nicht. Für das laufende Jahr wird mit einer Inflationsrate von 6,1 Prozent gerechnet. Solche Raten seien bisher nur zu Zeiten der Ölkrise oder kurz nach der Wiedervereinigung beobachtet worden. Im nächsten Jahr liege die Inflationsrate gemäß Prognose mit 2,8 Prozent wieder deutlich niedriger. Angeheizt von massiv gestiegenen Energiepreisen war die Inflationsrate im März auf 7,3 Prozent geklettert.

Das Wirtschaftsministerium nannte als Hauptgrund für die Eintrübung der wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sowohl die hohen Energiepreise, aber auch die Sanktionen und die gestiegene Unsicherheit belasteten die Wachstumsaussichten der deutschen Volkswirtschaft.

„Nach zwei Jahren Corona-Pandemie kommt durch den Krieg Russlands eine neue Belastung hinzu“, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Der Krieg gegen die Ukraine und seine wirtschaftlichen Auswirkungen erinnern uns daran, dass wir verwundbar sind.“ Deutschland werde sich Schritt für Schritt aus der „Klammer russischer Importe“ lösen. Zugleich tue die Bundesregierung alles, um die Substanz der deutschen Wirtschaft auch in schwerer Zeit zu erhalten.

Gaslieferstopps bereiten auch in Deutschland Sorgen - Versorgungssicherheit aber aktuell gewährleistet

Das Bundeswirtschaftsministerium sieht den Stopp russischer Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien mit Sorge. Eine Sprecherin von Minister Robert Habeck (Grüne) sagte am Mittwoch in Berlin, die Versorgungssicherheit in Deutschland sei aktuell gewährleistet. „Die Gasflüsse sind zum jetzigen Zeitpunkt alles in allem auf einem stabilen Niveau.“ Die Lage werde aber sehr genau beobachtet. Es seien bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Engpässe festgestellt worden.

„Wir sehen aber mit Sorge, dass es in europäischen Partnerländern zum Stopp der Lieferungen gekommen ist. Wir sind in enger Abstimmung innerhalb der Europäischen Union, um das Lagebild zu konsolidieren.“ Die entsprechenden Gremien tagten am Mittwoch.

Die Bundesregierung hatte wegen der Abhängigkeit von russischem Gas vor schweren wirtschaftlichen Schäden gewarnt, sollten russische Lieferungen ausbleiben - sie ist daher gegen ein westliches Embargo.

Habeck: „Abriss der Gaslieferungen würde deutsche Wirtschaft in Rezession treiben“

Beim Gaslieferstopp durch Russland in Polen und Bulgarien ist nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck „Energie als Waffe“ eingesetzt worden. Man dürfe nicht wehrlos sein, wenn dies geschehe. Entsprechend seien eine Diversifizierung und eine Erneuerung der Energie-Infrastruktur auf der Basis von erneuerbaren Energien sowie große Einsparungen nötig, sagte Habeck am Mittwoch.

„Ein Abriss der Gaslieferungen zum jetzigen Zeitpunkt würde die deutsche Wirtschaft in eine Rezession treiben.“ Prognosen sagten für diesen Fall ein Schrumpfen um 0,5 bis 6,5 Prozent voraus.

(dpa)