Kriminelle gehen ins Internet
Insgesamt gab es im vergangenen Jahr weniger Straftaten in NRW. Doch Täter nutzen immer öfter die digitalen Möglichkeiten.
Düsseldorf. Mehr Morde, mehr Einbrüche und vor allem mehr Kriminalität über das Internet: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat 2010 in einigen Bereichen deutliche Anstiege verzeichnen müssen, insgesamt ist jedoch die Kriminalität leicht rückläufig. 1,44 Millionen Straftaten (minus 1,1 Prozent) verzeichneten die Beamten, darunter 142 Morde oder Mordversuche (plus 14), 27 162 Einbrüche (plus 8,5) und fast 20 000 Fälle von Computerkriminalität (plus 27,2). Zum letzten Bereich gehört nicht nur das Ausspähen von Bankdaten über gefälschte Internet-Seiten (Phishing), sondern beispielsweise auch das Auslesen von Kartendaten an manipulierten Geldautomaten (Skimming). Bezogen auf alle Straftaten lag die Aufklärungsquote bei 49,9 Prozent.
Der Bereich Internet- und Computerkriminalität bereitet auch Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) die größten Sorgen. Er beobachtet einen Umbruch in der Kriminalität. „Aus dem Ladendiebstahl wird Betrug bei Ebay, und Trickdiebe wissen heute, wie man Bankdaten fälscht, um die Geheimnummern beim Online-Banking zu bekommen“, sagte Jäger am Montag bei der Vorstellung der NRW-Kriminalstatistik 2010. „Das Internet wird die Basis für die Massenkriminalität der Zukunft.“ Jäger kündigte an, neben den IT-Experten im Landeskriminalamt mehr Polizisten für den Einsatz gegen Computerkriminalität ausbilden zu lassen.
Eine positive Entwicklung gibt es bei den Tatverdächtigen unter 21 Jahren. Insgesamt wurden 132 394 ermittelt, das sind 3,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Ihr Anteil an allen Tätern ist mit 26,7 Prozent sogar der niedrigste der vergangenen 40 Jahre. „Vielfach wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Jugendkriminalität weiter zunimmt“, so Jäger. „Doch das ist durch keine Zahl zu belegen.“
Sorge bereiten dem Innenminister jedoch die jugendlichen Intensivtäter. Rund sechs Prozent der 7400 Jugendlichen, die mindestens fünf Mal im Jahr straffällig werden, sind für mehr als 30 Prozent der Taten in ihrer Altersgruppe verantwortlich. „Das ist eine alarmierende Zahl“, betonte Jäger.
Zwar gebe es bei der Polizei schon spezielle Programme für diesen Täterkreis. Er wolle aber mit dem „Projekt Prävention Jugendkriminalität“ den „Hebel noch früher und damit sehr viel effektiver ansetzen“. Ziel sei es, ein dauerhaftes Abgleiten von Kindern und Jugendlichen in die Kriminalität zu verhindern. Dafür sollen Jugendämter und Polizei zusammenarbeiten. Im Detail soll das Projekt in einigen Wochen vorgestellt werden.