Kunsthalle Schirn zeigt „Surreale Dinge“
Frankfurt/Main (dpa) - Wie durch eine Geisterbahn betritt der Zuschauer die Jubiläums-Ausstellung der Frankfurter Kunsthalle Schirn.
Eine Künstlergruppe aus dem Umfeld der Städel-Schule hat das Treppenhaus mit zerstückelten Puppen und Kleidern dekoriert, den Handlauf mit Pelz verkleidet und lässt penisartige Tentakel von der Decke baumeln. Die Installation der Gruppe „et al.*“ belegt die Kernthese der Kuratorin Ingrid Pfeiffer, die zwei Jahre lang „Surreale Dinge“ überwiegend aus den 1930er Jahren zusammengetragen hat: „Der Surrealismus hat einen roten Faden, der schnurstracks in die Gegenwart führt“.
Das kleinste Objekt der großen Ausstellung, mit der die Schirn ihr 25-jähriges Bestehen feiert, stammt von Picasso. Aus dem Draht einer Champagnerflasche drehte er 1938 ein Püppchen und zog ihm einen Rock aus Silberfolie an. Rund 180 Objekte von 51 Künstlern, die von 60 Leihgebern zusammengetragen wurden, sind vom 11. Februar bis zum 29. Mai zu sehen. Zu den bekanntesten Künstlern zählen Salvador Dalí, Man Ray, Alberto Giacometti, Marcel Duchamp und André Breton, der 1924 mit seinem „Surrealistischen Manifest“ den Grundstein für die Bewegung legte.
„Wir wollten auf keinen Fall einen Wald von Sockeln und Hauben“, erklärte Pfeiffer bei der Vorbesichtigung am Donnerstag. Ausstellungs-Architekt Karsten Weber entwarf stattdessen stilisierte schwarze Möbel, auf denen die Objekte - zu Themen-Gruppen geordnet - stehen wie in einer Wohnung der 1930er Jahre. Ein Raum widmet sich der Erotik - eine Peitsche aus Frauenhaar, ein Busen-Turm, eine Puppe mit einem Büstenhalter, der die Brust mit Klammern strafft. Ein Raum fängt den schwarzen Humor der Surrealisten ein - eine Schreibmaschine mit Nägeln auf den Tasten, eine Sackkarre mit Seiden-Auskleidung wie in einer Sänfte, eine Brille für Einäugige.
Gemeinsam ist den Künstlern weder ihre Arbeitsweise noch das Material, „sondern ihre psychologische Wirkung“, sagt Schirn-Direktor Max Hollein. Es gehe darum, das Unbewusste, das Verrückte, das Traumhafte, das „Über-Reale“ sichtbar zu machen. Daher arbeiteten die Künstler vorwiegend mit „un-künstlerischem“ Material, mit Alltäglichem und Banalem vom Flohmarkt oder aus dem eigenen Haushalt. Man habe sich bewusst auf Skulpturen und Objekte beschränkt, um eine andere Facette der Surrealisten zu zeigen, sagt Hollein. Bilder oder Collagen, zum Beispiel von Magritte, sucht man vergebens.
An den mit weinrotem Stoff bespannten Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotografien von surrealen Kunstwerken, die nicht mehr erhalten sind, wie ein zum Kerzenständer umfunktionierter Holzrechen im Heu oder ein Revolver aus Knochen. Gleich zu Beginn sieht man Bilder einer Gruppenausstellung von 1938, für die 16 Künstler Schaufensterpuppen massakriert haben. Und die sind tatsächlich recht nah dran an der Installation im Treppenhaus von 2011.