Leibärztin der teuersten Zierfische

Christine Schleicher behandelt Koi-Karpfen. Ihre mobile Praxis ist weit über die Grenzen von NRW bekannt.

Foto: Privat

Korschenbroich. Alles, was Christine Schleicher jeden Tag benötigt, passt in einen Kombi: Ein Ultraschallgerät, ein Mikroskop, ein Röntgengerät, ein Endoskop,Wassermessgeräte und ihr Arztkoffer mit Besteck und Medikamenten. Damit fährt die 35-jährige Tierärztin aus Korschenbroich zu ihren Kunden.

Und die sind schon eher außergewöhnlich. Es handelt sich nämlich um Koi. Diese japanischen Farbkarpfen sind nicht nur bunt und schön. Sie benötigen auch eine besondere, professionelle Pflege bzw. Behandlung.

Es war reiner Zufall, dass sie sich auf die Fische spezialisiert hat. „Ich bekam Gelegenheit, für Dr. Achim Bretzinger (Anmerk. der Red.: Er ist die Koi-Koryphae in Deutschland) als Assistentin zu arbeiten. Das habe ich angenommen“, sagt Schleicher. Vorher habe sie hauptsächlich Kleintiere behandelt.

Eine Saison (2009) hat sie dann von ihm gelernt, bis sie sich Anfang 2012 dann selbstständig gemacht hat. Ein Schritt, den sie noch keine Minute bereut hat, denn die 35-Jährige ist sehr gefragt. „Ich nehme mir Zeit, höre den Kunden zu und schaue mir die Tiere und das gesamte Teichsystem an“, verrät sie ihr Rezept. Zudem gibt es nicht viele Tierärzte, die sich auf Fische spezialisiert haben.

Schleicher hat aus gutem Grund eine mobile Praxis. „Es hat wenig Sinn, die Fische in einer Praxis zu behandeln. Ich muss mir die Gegebenheiten vor Ort anschauen“, sagt die Expertin. Nur so könne sie der Ursache der jeweiligen Erkrankung auf den Grund gehen. Meist seien Parasiten oder Bakterien im Wasser der Auslöser allen Übels. Deshalb wird dieses auch direkt unter dem Mikroskop analysiert. Aber auch der Fisch wird genauestens untersucht. „Vorher wird etwas Betäubungsmittel ins Wasser gegeben. Das beruhigt den Fisch“, erklärt die 35-Jährige.

Die meisten Behandlungen finden über das Wasser statt — die notwendigen Medikamente werden einfach in der entsprechenden Dosierung hineingeschüttet. In einigen Fällen muss Schleicher aber zum Skalpell greifen. „Dann muss ich Tumore entfernen oder die Schwimmblase punktieren“, sagt sie. Im Schnitt dauert der Besuch am Teich etwa anderthalb Stunden.

Über den Wert der Kois, die sie bislang behandelt hat, schweigt sie sich aus. Nur soviel verrät die Tierärztin: Der teuerste kostete in etwa soviel wie ein kleines Einfamilienhaus. „Der Wert ist mir nicht wichtig, ich lebe für die Fische und möchte, dass sie gesund sind“, sagt sie.

Besonders stolz ist die Ärztin auf ihre letzte Rettung. „Das war ein 1,60 Meter großer Stör. Er lag völlig lethargisch auf der Seite. Die Besitzer befürchteten, dass er stirbt. Ich habe ihn an der Schwimmblase operiert und so gerettet“, berichtet sie. Nun dreht er kerngesund im Duisburger Tauchzentrum seine Runden.

Im Schnitt führt Schleicher fünf Behandlungen am Tag durch. Je nach Fall kosten sie zwischen 200 und 300 Euro (abhängig von der Teichgröße und dem Wegegeld). Da sie weit über die Grenzen NRWs tätig ist, bleibt für Hobbys wenig Zeit. Und diese beansprucht Hund Dagobert — schließlich gebe es doch noch andere Tiere als Fische, schmunzelt sie.