Medien-Event Leiser Polt und harte Themen beim Bayerischen Fernsehpreis

München (dpa) - Er ist der Größte - Gerhard Polt. Das sagen gleich ein paar Leute, die am Freitagabend über den roten Teppich ins Münchner Prinzregententheater zur Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises gehen.

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Der 75 Jahre alte Kabarettist erhält dort den Ehrenpreis verliehen.

Für viele in der Branche ist der Preisträger mehr als ein Vorbild. Etwa für die Regisseurin Dorris Dörrie: „Er ist einfach der Größte.“ Und der Kabarettist Hannes Ringlstetter glaubt sogar, er habe seinem Kollegen Polt seinen Beruf zu verdanken. „Ich kann nur für mich sprechen, aber ohne Gerhard, glaube ich, wäre ich nie auf die Idee gekommen, so etwas zu machen“, sagt der 46-Jährige auf dem roten Teppich kurz vor der Verleihung des Fernsehpreises. „Ich glaube, dass es meinen Berufsstand in meiner Generation gar nicht gäbe, wenn er nicht gewesen wäre.“ Dann kommt wieder Satz des Abends: „Für mich ist Gerhard Polt der Größte.“

Der so Gelobte und Verehrte erhält den Preis ausgerechnet aus den Händen einer CSU-Politikerin. Dabei hat er sich doch über Jahrzehnte gerade an den bayerischen Machtverhältnissen abgearbeitet. „Wahrscheinlich hätten Sie sich nicht träumen lassen, dass Sie einmal von der bayerischen Staatsregierung einen Ehrenpreis verliehen bekommen“, sagt denn auch die Laudatorin und stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU). „Umgekehrt vielleicht auch.“ Da schmunzelt auch Polt - und reagiert auf der Bühne mit einem ausführlich reflektierten Überraschungs-„Öha“. Seine Reaktion auf diese Ehrung, sagt er, sei so, wie wenn er über ein Kind stolpere. Jeder Schritt könne ja heute zu viel sein.

Vielleicht sagt das schon genug über die Beziehung zwischen dem großen Kabarettisten und der CSU-Regierung. Vor der Verleihung aber, nicht auf der großen Bühne, sagt er doch was, der bayerische Beißer. Wie ist es also, wenn er aus der CSU so viel Lob bekommt? Er, der es mit den Großkopferten und Politikern immer aufgenommen hat und sie mit kritischer Scharfzüngigkeit begleitet?

„Ich kann ja zurückloben“, sagt Polt da. „Ab 5.45 Uhr wird zurückgelobt. Kennen Sie den Ausdruck? Also, ist nicht lustig, was ich da sage.“ Eine Anspielung auf Adolf Hitlers Rede vor dem Reichstag am 1. September 1939 zum Kriegsbeginn gegen Polen. „Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen!“, sagte der Diktator damals. Polt misst seine Schritte schon ganz genau, die vielleicht manchmal fast einer zu viel und gerade deshalb so entlarvend sind.

Politischer als Polt auf der Bühne war die Auswahl der Jury selbst. Denn sie zeichnete nicht nur starke Frauen wie Sonja Gerhardt für ihre Rollen in „Jack the Ripper“ (Sat.1) und „Ku’damm 56“ (ZDF) aus oder Filme, die von solchen erzählen. Sie prämierte auch Beiträge über Krisen, persönliche wie politische.

So plädierte Schriftstellerin Renan Demirkan in ihrer Laudatio für Carmen Butta und Gabriele Riedle, die Autoren der Dokumentation „Die heimliche Revolution — Frauen in Saudi-Arabien“ (ZDF), für Kampfgeist. Der Film aus dem fernen Land sei auch eine Reise zu uns selbst. Denn Frauen müssten, sagte Demirkan, jeden Tag für ihre Gleichstellung kämpfen - egal unter welchem Himmel.

Vom Münchner Himmel kam am Freitagabend jedenfalls Kälte und etwas Regen, was es den Promis aus der Medienbranche nicht gerade angenehm machte, über den roten Teppich zu schreiten. Trotzdem freuten sich die meisten Gäste vor allem aufs Netzwerken in München und die Party nach dem Festakt. Auch wenn die Jury durchaus tragischen und harten Stoff wie die Dokumentation „Vom Lieben und Sterben“ (BR) von Nachwuchs-Regisseurin Katrin Nemec auszeichnete - das Feiern ließen sich die Gäste nicht nehmen.