Leitender Arzt in Bamberg betäubt und missbraucht Frauen
Bamberg (dpa) - Er soll seine Opfer betäubt haben, um sie dann sexuell zu missbrauchen: Gegen einen leitenden Arzt des Bamberger Klinikums ist Haftbefehl erlassen worden.
Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilten, fanden die Ermittler bei dem 48-Jährigen zahlreiche Beweise, denn er hatte selbst Fotos von seinen Taten gemacht.
Eine junge Frau erstattete Strafanzeige gegen den Mediziner. Die Ermittler wissen außerdem von drei anderen Opfern. „Ich gehe sicher davon aus, dass es noch weitere Geschädigte gibt“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Bardo Backert. Dem Arzt werden Körperverletzung, sexueller Missbrauch und Vergewaltigung vorgeworfen.
Die Frau, die Ende Juli Anzeige erstattete, hatte auf Veranlassung des Mediziners an einer Untersuchung im Rahmen eines vermeintlichen Forschungsprojektes teilgenommen. Während dieser angeblichen Untersuchung soll ihr der 48-Jährige ohne ihr Wissen und ohne Aufklärung eine Spritze gegeben haben, von der die Frau bewusstlos wurde. Dies bestätigte eine rechtsmedizinische Blutuntersuchung.
Die Dosierung sei zudem außergewöhnlich hoch gewesen, sagte Backert. Wegen der Betäubung zeigte die Frau den Arzt bei der Polizei an. Von dem Missbrauch habe sie erst durch die Ermittlungen erfahren, da sie währenddessen bewusstlos war. Eine Untersuchung, wie der Mediziner sie ihr vorgemacht habe, habe es definitiv nicht gegeben, sagte der Chefermittler.
Nach der Anzeige veranlasste die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen. Am Montag stellten Polizisten dann in Klinik und Wohnung mehrere Datenträger sicher. „Eine erste Auswertung des gesicherten Materials zeigt, dass der Krankenhausarzt offensichtlich den sedierten Zustand seiner Probandin ausgenutzt und sexualbezogene Handlungen an seinem widerstandsunfähigen Opfer durchführt hatte, die er zudem fotografisch dokumentierte“, heißt es im Polizeibericht.
Auf den Bildern seien die Frauen zum Teil zu erkennen, sagte Backert. Die „Unmengen“ an Fotos müssten nun sortiert und ausgewertet werden. „Wir werden einige Zeit brauchen, um die Geschädigten zu identifizieren und die Umstände der Taten zu erhellen“, sagte der Staatsanwalt. Das Problem bei den Ermittlungen sei, dass die Taten äußerst schambesetzt seien. „Wir müssen hier sehr sensibel vorgehen und die Frauen bewegen, sich bei uns zu melden.“ Ob sich der Arzt schon zu den Vorwürfen geäußert hat, konnte Backert nicht sagen.
Der Beschuldigte sei ein leitender Arzt der Klinik für Gefäßchirurgie, sagte Xaver Frauenknecht, der Vorstandschef der Sozialstiftung Bamberg, zu der das Krankenhaus gehört. Der Mediziner sei national und international anerkannt und seit dem Jahr 2005 in der Klinik beschäftigt, seit 2007 in leitender Funktion. Die mutmaßlichen Übergriffe haben sich laut Frauenknecht außerhalb der normalen Arbeitszeit zugetragen. Sonst wäre der Arzt während der Behandlung auch nicht allein mit den Probanden im Zimmer gewesen.
Die Untersuchungsreihe, um die es angeblich ging, stellt die Klinik vor Rätsel. „Die Studie ist uns bis jetzt nicht bekannt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende. Sie sei nach bisherigen Recherchen nicht offiziell registriert worden. Nach den ersten Erkenntnissen kann es auch sein, dass der Mann seine Opfer im Kreis der Kolleginnen des Klinikums fand.
Ein Ermittlungsrichter erließ am Dienstag Haftbefehl gegen den Arzt. Kripobeamte nahmen ihn dann am Mittwochvormittag fest. Auch die Bamberger Stadtspitze wurde zu dieser Zeit über die Vorwürfe informiert. „Es ist ein schreckliches Verbrechen und mir tun die Opfer unendlich leid“, sagte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD), der auch dem Stiftungsrat vorsteht. Die Sozialstiftung habe selbstverständlich die erforderlichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen und werde die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen unterstützen.