London: Bruchlandung auf dem Flughafen Heathrow
Mit 136 geschockten Passagieren an Bord hat eine Boeing 777 der Britisch Airways am Donnerstag eine Bruchlandung auf dem Flugplatz London-Heathrow ohne Explosion überstanden.
London. "Wir hatten enormes Glück im Unglück", erklärten Insassen des Großraumflugzeugs. Sie hatten einen elfstündigen Flug aus Peking hinter sich, als ihre Maschine nach Berichten von Augenzeugen beim Landeanflug plötzlich nach links absackte und dann weit über die südliche Landebahn von Heathrow auf Grasboden entlangschoss. Wie durch ein Wunder wurden nur vier Insassen leicht verletzt.
"Das Flugzeug sackte weg, dann kam es wieder in die Gerade", schilderte der Augenzeuge Neil Jones. "Der Pilot schien zu kämpfen, um sie irgendwie gerade zu halten." Das Flugzeug sei bereits unmittelbar hinter dem Zaun des Landebereiches aufgesetzt, berichtete der Sender BBC. Die Maschine sei dann ausgebrochen und schließlich bei ungewöhnlich lautem Heulen eines der beiden Triebwerke zum Stehen gekommen. Kurz zuvor waren beide Fahrwerke abgebrochen.
Ein Fahrwerk wurde vollständig abgerissen und blieb auf der Grasfläche neben der Start- und Landebahn liegen. Die Radhalterung auf der linken Seite durchbrach unmittelbar am Rumpf die Tragfläche, beschädigte jedoch offenkundig nicht die Treibstoffzufuhr.
Die Evakuierung des Flugzeugs sei "wie im Lehrbuch" verlaufen, schilderten Zeugen. "Es gab keine Panik, alle Leute blieben zunächst sitzen, die Mannschaft war bestens vorbereitet, und es ging alles sehr, sehr schnell", schilderte der Passagier Fernando Prado Reportern. "Wir hatten natürlich großes Glück. Es ist, als habe ich in der Lotterie gewonnen."
Unmittelbar nach dem Stillstand der Boeing kurz vor 13 Uhr Ortszeit (14 Uhr MEZ) konnten alle Insassen über die vier Rettungsrutschen das Flugzeug verlassen. British-Airways-Chef Willie Walsh dankte der Besatzung für ihren professionellen Einsatz, der maßgeblich zur Rettung aller Passagiere beigetragen habe.
Der Aufprall des Flugzeugs auf dem Boden sei sehr hart gewesen, berichteten Insassen. "Alle Umstände machen klar, dass es eine echte Bruchlandung war", sagte Luftfahrtexperte Sean Maffet dem Sender BBC. Zuvor hatte British Airways noch von einer "Notlandung" gesprochen. Als solche sehen Experten jedoch eine Landung nur dann an, wenn sie mit einer Vorwarnung erfolgt und die Passagiere entsprechend darauf eingestellt sind. Die Passagiere seien "nicht gewarnt worden, dass die Landung irgendwie ungewöhnlich verlaufen könnte", berichtete die BBC.
Während viele Passagiere in Angst um ihr Leben ins Freie drängten, saß unweit der Unglücksmaschine der britische Premierminister Gordon Brown in der Ersten Klasse eines anderen Flugzeugs und wartete auf dessen Start. Zusammen mit einer Delegation britischer Geschäftsleute wollte er ausgerechnet dorthin fliegen, wo die Bruchlandungs-Boeing herkam: nach Peking. Browns Abflug verzögerte sich - wie die Starts viele anderer Maschinen auch - um mehrere Stunden. Zur Beruhigung auch des Premierministers konnte die Polizei rasch jeden Verdacht auf einen Terroranschlag in der landenden Maschine ausräumen.
Nach der Bruchlandung des Fluges BA 038 kam es in Heathrow zu erheblichen Verspätungen, da die südliche Landebahn vollkommen geschlossen wurde. Zahlreiche Flüge nach Heathrow wurden zu den Flughäfen Stansted und Luton im Norden Londons umgeleitet. Die konkreten Ursachen der Bruchlandung sollen von einer Untersuchungskommission ermittelt werden.
Fachleute sagten dem Sender BBC, Fehler der Besatzung seien nahezu auszuschließen. Die Crew habe unter den gegeben Umständen „vorbildlich“ gehandelt. Sehr vieles - darunter das von Zeugen beschriebene plötzliche seitliche Absacken der Maschine deute auf einen Triebwerksschaden hin. Die Boeing 777 - der Flugzeugtyp ist seit 1994 im Einsatz - gilt allerdings als eines der sichersten Flugzeuge der Welt. Bislang ist keine Maschine dieses Typs abgestürzt.