Loveparade: „Hauptsache grell und geil“

Rekord: 1,6 Millionen Raver feiern die „größte Techno-Party der Welt“ in Dortmund.

Dortmund. Samstag, 13 Uhr in Dortmund. Zehntausende verrückt gekleidete, gut gelaunte Menschen strömen aus dem Hauptbahnhof.

Begrüßt werden sie von ebenso gut gelaunten Polizisten: "Liebe Raver, bitte geht zügig weiter, damit auch die anderen aus dem Bahnhof kommen", tönt aus einem Lautsprecher. "Und viel Spaß beim Feiern heute!"

Es ist Loveparde, die zweite im Ruhrgebiet. Nach Essen im vergangenen Jahr ist die 600 000-Einwohner-Metropole Dortmund Veranstaltungsort der Riesenparty mit elektronischer Musik. 1,6 Millionen Raver sind dem Ruf der Beats und Bässe gefolgt - so viele wie noch nie. Den bisherigen Rekord hatte es 1999 in Berlin mit 1,5 Millionen Besuchern gegeben.

Es herrscht eine ausgelassene Volksfeststimmung - irgendwo zwischen Karneval und EM-Jubel angesiedelt. Immer wieder stecken sich die einzelnen Gruppen, die zur gesperrten Schnellstraße B1 pilgern, mit dem Fan-Gesang "Seven Nation Army" von den White Stripes an, der während der Euopameisterschaft in den Stadien zu hören war.

"Ich bin total verliebt in dich", sagt ein Spanier im Brasilientrikot zu einem Mädchen mit rosa Cowboyhut. Die zwei kennen sich noch nicht lange - das verrät zumindest der etwas irritierte Blick der Cowboy-Dame nach der unerwarteten Liebeserklärung. Kurz darauf knutschen die beiden trotzdem wild herum.

Das Motto der diesjährigen Loveparade, "Highway to Love", wird von vielen Ravern wörtlich genommen. Wer auf der Suche nach Liebe ist, wird sie hier finden - wenn auch nicht unbedingt in der romantischen Rosamunde-Pilcher-Version.

Schrille Kopfbedeckungen scheinen zum Dresscode der Raver zu gehören: Perücken in Neonfarben, überdimensionale Hüte und selbst Stofftiere kommen zum Einsatz.

Und auch der Rest des Körpers kann nicht genug auffallen: ob durch viel nackte Haut oder schräge Klamotten in Signalfarben scheint Geschmackssache zu sein: Stulpen aus pinkem Fell, Latexanzüge, selbst kreierte T-Shirts und Tierkostüme - was sonst eher auf Bad-Taste-Partys oder im Karneval zu sehen ist, gehört auf der "größten Techno-Party der Welt" zum Standard-Anblick. "Hauptsache grell und geil", schreit ein Mann im hautengen, hellblau-glitzendernden Overall.

Als um 14 Uhr die 36 Musikwagen, die sogenannten Floats, starten, kennt die Menge kein Halten mehr. Selbst als plötzlich sintflutartige Regenfälle einsetzen, kann das die Techno-Jünger nicht bremsen. Und zur Abschlusskundgebung um 17 Uhr an den Dortmunder Westfalenhallen kommen auch die Gurus der Jünger: die DJs Paul van Dyk, David Guetta, Westbam und der New Yorker Star-DJ Moby.

Ein böses Erwachen aus der Love-and-Peace-Techno-Welt erlebten viele Raver auf der Heimreise. Zeitweise fuhr kein Zug vom Hauptbahnhof ab, mehrfach wurde er wegen des großen Andrangs gesperrt.