Loveparade-Prozess: Duisburgs Ex-OB Adolf Sauerland im Zeugenstand
Die Sprachlosigkeit von Duisburgs früherem Oberbürgermeister nach dem Loveparade-Drama sorgte für Empörung. Er selbst sagt, dass er die Techno-Parade nie in Duisburg gewollt habe.
Düsseldorf. Sein Umgang mit der Katastrophe von Duisburg kostete ihn am Ende das Amt. Der frühere Oberbürgermeister von Duisburg, Adolf Sauerland, soll nun am Mittwoch (2. Mai) im Loveparade-Prozess erstmals als Zeuge aussagen. Ursprünglich war seine Aussage schon für den 27. April geplant. Weil an diesem Tag jedoch eine Hauptschöffin wegen eines Todesfalls verhindert war, wurde die Aussage auf Mittwoch verlegt.
Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg starben im Gedränge 21 Menschen, mindestens 652 wurden verletzt. Der CDU-Politiker Sauerland geriet als OB nach der tödlichen Massenpanik massiv in die Kritik, weil er nicht die politische Verantwortung für das Unglück übernehmen wollte.
Im Februar 2012 stimmten die Duisburger in einem Bürgerbegehren mit großer Mehrheit für seine Abwahl. Der Lokalpolitiker, der seit 2004 Oberbürgermeister war, zog sich anschließend aus der Öffentlichkeit weitgehend zurück.
Erst 2016 äußerte sich Sauerland öffentlich zum Loveparade-Unglück - und räumte Fehler ein. Nach der Katastrophe 2010 habe er sich bemüht, keine juristischen Fehler zu machen, und dabei „das Mitgefühl für die Angehörigen“ vergessen, sagte Sauerland dem „Zeit-Magazin“ und dem WDR-Fernsehen in einem Interview. „Wahrscheinlich hätte ich viel früher auf die Opfer zugehen müssen.“
Auch juristisch fühlte sich Sauerland nicht verantwortlich, zumal ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten das so sah. „Man suchte jemanden, den man zur Verantwortung ziehen konnte, dem man die Schuld zuweisen konnte, hinter dem man sich verstecken konnte, und das war ich“, sagte Sauerland in dem Interview. „Zurückzutreten, das wäre für mich eine Flucht gewesen. Sollte wirklich etwas juristisch falsch gelaufen sein, zum Beispiel bei der Genehmigung, dann kann man politische Verantwortung verlangen. Aber ich hatte mir nichts vorzuwerfen.“
Der CDU-Mann und ehemalige Berufsschullehrer war 2004 in der lange SPD-geprägten Industriestadt überraschend an die Macht gekommen. Er brachte auch nach Meinung von Kritikern frischen Wind in die Stadt und Fortschritte beim Strukturwandel - etwa bei der Entwicklung des Duisburger Innenhafens. In den schwersten Stunden als Stadtoberhaupt nach der Loveparade mit 21 Toten versagte er nach allgemeiner Einschätzung aber.
Er sei aus Sicht der ihn abwählenden Bürger derjenige gewesen, der die Loveparade gewollt habe und für die 21 Toten verantwortlich sei, sagte Sauerland im Interview, betonte aber: „Ich selbst wollte so eine Veranstaltung nie in Duisburg haben! Und das wussten alle, der ganze Rat.“
Der Prozess vor dem Landgericht Duisburg gegen sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Beschäftigte des Veranstalters Lopavent hatte im Dezember begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem fahrlässige Tötung vor. Aus Platzgründen findet der Prozess in einer Kongresshalle in Düsseldorf statt.
Der Fitness-Unternehmer Rainer Schaller soll ab dem 22. Mai befragt werden. Für seine Aussage sind drei Sitzungstage vorgesehen. Schaller ist Inhabers der Loveparade-Veranstalterin Lopavent. dpa