Psychologie im Interview über Extremtaten wie die Axt-Attacke „Manche verarbeiten schneller, andere brauchen länger“

Düsseldorf. Ein Mann schlägt mit einer Axt in Düsseldorf in einer S-Bahn und mitten im Hauptbahnhof auf mehrere Menschen ein. Eine solche Extremtat kann das Gefühl erschüttern, sich in einer sicheren Welt zu bewegen, sagt Experte Jens Hoffmann, Leiter des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt.

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Herr Hoffmann, es gibt neun Verletzte. Augenzeugen haben die Bluttaten mit ansehen müssen, kann man sich von solchen Bildern je befreien?

Jens Hoffmann: Ja. Es gibt eine große Spannbreite bei den Reaktionen. Man muss nicht automatisch immer von einer Traumatisierung ausgehen. Manche verarbeiten schneller, andere brauchen länger. Es kann wichtig sein, mit anderen zu sprechen, dabei aber die Geschehnisse nicht immer wieder innerlich bildlich durchzugehen.

Was bedeutet es für das Sicherheitsgefühl, wenn ein einzelner Täter mitten in einem großstädtischen Hauptbahnhof mehrere Zufallsopfer zum Teil schwer verletzten kann?

Hoffmann: Wenn plötzlich ohne Warnsignale so eine Tat an einem eigentlich friedlichen Ort passiert, stört das unser aller Bedürfnis nach Sicherheit und Berechenbarkeit. Dass Leute, die dort täglich durchgehen, deren S-Bahnroute dort entlangläuft, verunsichert sind, ist normal. Problematisch wäre es aber, wenn man verfestigt über Wochen hinweg generell S-Bahnen oder Bahnhöfe meidet.

Wie wirkt es sich aus, dass der Täter auch in einer S-Bahn zugeschlagen hat — im geschlossenen Raum, wo man ausgeliefert ist.

Hoffmann: Bei einer Bedrohung ist meist der erste Instinkt zu fliehen. Es kann ein besonders dramatisches Ereignis sein, wenn eine Flucht aber nicht möglich ist, man sich stark ohnmächtig fühlt. Aber auch hier fallen Reaktionen unterschiedlich aus - auch abhängig davon, wie stabil und robust eine Person ist.