Martin Scorsese: Acht Anläufe für den ersten Oscar
Martin Scorsese plant, das Leben Frank Sinatras zu verfilmen. Am Samstag wird der „Taxi Driver“-Regisseur 70 Jahre alt.
Los Angeles. Auf Hollywoods schönstes Geburtstagsgeschenk hatte Martin Scorsese eine Ewigkeit warten müssen. In dem Jahr, in dem der Kult-Regiesseur 65 Jahre alt wurde, holte er im achten Anlauf seinen längst überfälligen ersten Oscar. Am Samstag feiert der schmächtige New Yorker mit der dicken Hornbrille seinen 70. Geburtstag. Statt nach dem Oscar in den Ruhestand zu gehen, legt er mit zahlreichen aktuellen Projekten ein rasantes Tempo vor.
Bei der Oscar-Gala 2007 konnte es Scorsese — auf der Bühne zu Tränen gerührt — kaum glauben. „Das war wirklich eine totale Überraschung“, beteuerte der Italo-Amerikaner mit dickem New Yorker Akzent nach seinem Sieg. „Ich bin es einfach nicht gewohnt, zu gewinnen.“ Das Genie hinter Filmen wie „Taxi Driver“, „Good Fellas“ und „Wie ein wilder Stier“ hatte mit dem Mafia-Streifen „The Departed: Unter Feinden“ den Regie-Oscar gewonnen. Obendrein wurde der Thriller mit Jack Nicholson, Leonardo DiCaprio und Matt Damon zum besten Film des Jahres gekrönt und für den Schnitt und das beste Drehbuch ausgezeichnet.
In diesem Jahr war Scorseses 3-D-Märchen „Hugo Cabret“ gleich elfmal nominiert, doch am Ende gab es „nur“ fünf Oscars in den technischen Sparten, wie Kamera und Schnitt. Der Stummfilm „The Artist“ hatte im Februar die wichtigsten Trophäen abgeräumt. Scorsese konnte sich da aber schon mit dem Golden Globe trösten, den er im Januar als bester Regisseur erhalten hatte.
Seit September stehen Leonardo DiCaprio, Jonah Hill und Jean Dujardin für Scorsese vor der Kamera. Der Börsen-Thriller „The Wolf of Wall Street“ dreht sich um Betrug und Korruption an der New Yorker Wall Street. Es ist der fünfte gemeinsame Film für Scorsese und DiCaprio. Nur Robert De Niro konnte den Teamwork-Rekord mit acht Scorsese-Filmen übertreffen.
Auf Scorseses vollem Drehplan stehen als nächstes eine Filmbiografie über den legendären US-Entertainer Frank Sinatra und das Historien-Epos „Silence“ über zwei Jesuitenpriester, die im 17. Jahrhundert auf der Suche nach einem Mentor nach Japan reisen. Daniel Day-Lewis, Benicio Del Toro und Gael García Bernal haben schon zugesagt. Mit „Silver Ghost“ will der unermüdliche Regisseur auch noch die Geschichte der legendären Autohersteller Charles Stewart Rolls und Frederick Henry Royce erzählen.
Scorsese wurde 1942 als Sohn sizilianischer Arbeiter geboren und wuchs im New Yorker Italienerviertel „Little Italy“ auf. Er litt an Asthma, und schon als kränkelnder Junge entdeckte er seine Liebe zum Film. Nach zwei Jahren in einem Priesterseminar entschied er sich für ein Studium der Filmwissenschaften und jobbte als Schnittmeister und Regieassistent. Mit Steven Spielberg, Francis Ford Coppola und George Lucas baute er in den 70er Jahren das „New Hollywood“ auf.
„Hexenkessel“, eine Milieustudie über das harte Leben in den Straßen von New York, brachte Scorsese 1973 das Lob der Kritiker ein. Zu diesem Zeitpunkt begann auch die enge Zusammenarbeit mit Robert De Niro, mit dem er 1976 „Taxi Driver“ drehte.
Francis Ford Coppola frotzelte über seinen Kollegen, Scorsese sei so arbeitseifrig und aufs Geld aus, weil er eine große Familie und vier Ex-Ehefrauen unterhalten müsse. Scorsese hat drei Kinder und ist seit 1999 zum fünften Mal verheiratet. Seine Ehe mit Schauspielerin Isabella Rossellini hielt drei Jahre.