Meteoriten-Opfer weiterhin in Klinik

Moskau/Washington/Darmstadt (dpa) - Einen Tag nach dem Einschlag eines Meteoriten haben russische Kliniken noch immer einige der rund 1200 Verletzten behandelt.

Eine an der Wirbelsäule getroffene Frau wurde am Samstagmorgen mit einer Sondermaschine nach Moskau geflogen, wie das Zivilschutzministerium mitteilte. In Krankenhäusern der Region um Tscheljabinsk würden noch zwölf Erwachsene und drei Kinder behandelt. Beim folgenreichsten Meteoriteneinschlag seit Menschengedenken waren durch Gebäudeschäden insgesamt 100 000 Menschen betroffen. Dagegen hat der an der Erde vorbeigeschrammte Asteroid „2012 DA14“ nicht einmal Satelliten beeinträchtigt.

In Russland setzten rund 24 000 Einsatzkräfte ihre Arbeit fort, um bei Temperaturen um die minus 20 Grad die fensterlosen Gebäude wieder winterfest zu machen. In Krankenhäusern etwa behalfen sich die Menschen mit Wärmefolien, um die Fenster provisorisch abzudichten. Der Gesamtschaden des Meteoriteneinschlags liege bei etwa einer Milliarde Rubel (25 Millionen Euro), Tendenz steigend, sagte Jurewitsch.

An der Vorderseite der Eisschnelllaufhalle von Tscheljabinsk entstand ein riesiges Loch, die zweite Etage stürzte ein und Teile des Daches wurden beschädigt. In der Arena, die im Vorjahr schon Gastgeber eines Weltcups war, sollen 2015 die Mehrkampf-Europameisterschaften stattfinden.

Der Gesteinsbrocken war russischen Astronomen zufolge mit einem Tempo von rund 20 Kilometern pro Sekunde - 72 000 Stundenkilometern - durch die Atmosphäre gerast, heizte sich zu einem glühenden Feuerball auf und zerplatzte in einer Höhe von 30 bis 50 Kilometern. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa sprach von 20 Kilometern. Der Auftreffwinkel war nach Nasa-Angaben mit weniger als 20 Grad recht flach.

Russische Taucher suchten am Samstag drei Stunden lang in dem See Tscherbakul etwa 80 Kilometer von Tscheljabinsk entfernt nach Teilen des Meteoriten. Es sei aber nichts gefunden worden, sagte die Sprecherin des Zivilschutzministeriums, Irina Rossius, Moskauer Agenturen zufolge. Der bei Eisfischern beliebte See war zugefroren. Bilder zeigten ein kreisrundes Loch in der Eisfläche, das der Meteorit hinterlassen haben soll.

Die Behörden müssten künftig besser vorbereitet sein auf einen solchen Meteoriteneinschlag, sagte Zivilschutzminister Wladimir Putschkow. Deshalb werde nun nach dem Einschlag des Meteoriten an einem neuen System für eine schnellere Reaktion gearbeitet. „Er war schlicht zu klein, um von dem globalen Beobachtungssystem gesehen zu werden“, sagte James Gleason von der Universität Michigan.

Nach Berechnungen der Nasa kreuzte der Himmelsbrocken zunächst die Bahnen von Merkur und Venus und kam dem Mars sogar recht nahe. Erst mit der Erde kollidierte er dann. „Einige Tausend Meteoriten treffen jeden Tag die Erde. Die große Mehrheit geht aber über Ozeanen und unbewohnten Gebieten nieder oder wird im Tageslicht gar nicht gesehen“, teilte die Nasa mit. Die in der Nacht würden naturgemäß auch von den wenigsten Menschen bemerkt. „Diese Faktoren zusammengerechnet, bleiben nur eine Handvoll Meteoriten im Jahr, die wirklich registriert werden.“

Das Geschoss aus dem All stand in keinem Zusammenhang mit dem Asteroiden „2012 DA14“, der am Freitagabend knapp an der Erde vorbeigeflogen war, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa mitteilte.

Nach Angaben der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa wurden weltweit keine Esa-Satelliten- und Bodenstationen von dem Asteroiden gestört. „Auch sonst haben wir nichts von Auswirkungen gehört, obwohl der Asteroid durchaus in die Nähe anderer Satellitenbahnen gekommen ist“, sagte Esa-Sprecher Bernhard von Weyhe in Darmstadt. „Es gab auch keine elektromagnetischen Störungen beim Vorbeiflug.“ Nach ersten Esa-Auswertungen war der Asteroid rund 130 000 Tonnen schwer, hatte einen Durchmesser von etwa 50 Metern und enthielt große Anteile von Metall.

Die Esa hofft nun auf mehr Mittel zur Erforschung und Abwehr solcher Himmelskörper. „Wenn so ein großer Brocken eines Tages direkt auf die Erde zufliegen würde, müsste man eine Ablenkungsmission starten“, sagte von Weyhe. „Derzeit sehen wir so etwas nicht, aber es gibt ein paar kritische Kandidaten in ein paar Jahrzehnten.“ Der über Russland niedergegangene vergleichsweise kleine Meteorit habe gezeigt, „dieses Risiko ist nicht gleich null“.