Mietköche statt Essen bestellen
Appetit auf gehobene Küche, aber keine Lust das Haus zu verlassen oder zu kochen? Ein Mietkoch zu Hause könnte eine Lösung sein — ein Geschäftsmodell ganz nach dem Geschmack des Verbands der Köche Deutschlands.
Zu Hause erstklassig bekocht werden und vielleicht auch gleich etwas dabei lernen? Wer Eberhard Braun bucht, bekommt genau das: Der Mietkoch bereitet seine Gerichte direkt vor den Augen seiner Kunden zu — und zwar in deren Küche. „Das Kochen ist interaktiv, die Menschen wollen einem über die Schulter schauen“, erklärt Braun. Da gibt es etwa einen bei Niedrigtemperatur gegarter Kalbsrücken an Rosmarinkartoffeln und mediterranem Ofengemüse. In der Vorweihnachtszeit häufen sich die Anfragen für ein Engagement in den fremden Stuben, wie der 46-Jährige erzählt — auch als Geschenkidee.
Mietkoch Eberhard Braun
Das Prinzip ist simpel: Für einen bestimmten Geldbetrag kommt ein Privatkoch zu einem nach Hause und bringt die Utensilien und Zutaten gleich mit. Er kocht und serviert die Speisen, manchmal ist die Reinigung der Küche sogar inklusive. Wie viele Mietköche in Deutschland tätig sind und wie stark die Nachfrage ist, bleibt aber unklar. Weder Verbände noch die Bundesagentur für Arbeit führen Statistiken zur Nischen-Dienstleistung — zu speziell sei die Sparte.
„Private Dining“ in den eigenen vier Wänden ähnele prinzipiell einem Kochkurs, denn selten arbeite er alleine, erzählt Braun. Eine der häufigsten Fragen sei, wie das Fleisch richtig schön zart wird. „Richtig einkaufen und bei angemessener Temperatur braten“, antwortet der Mietkoch, der auch Kochkurse gibt. Oder wie man Kartoffeln richtig tourniert, also sie in eine schöne Form bringt. Denn neben dem Essen ginge es seinen Gastgebern auch darum, zu Hause Kochen zu lernen und etwas Besonderes zu erleben. Das Exklusive ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Mietköche, die sonst etwa für kleinere Familienfeiern arbeiten, oft als Geschenk erworben werden. Annette Glücklich berichtet ebenfalls über ein gestiegenes Interesse: „Zurzeit ruft jeden Tag jemand an“, sagt die 32-Jährige aus Worms, die vor allem für Kundschaft aus dem Raum Heidelberg kocht. Der Reiz sei, sich in den eigenen vier Wänden ganz privat bekochen zu lassen und der Anonymität im Restaurant entfliehen zu können. In der Adventszeit serviert die Köchin beispielsweise im Hauptgang einen sous vide gegarten Rehrücken mit Portweinjus an karamellisiertem Rotkraut und getrüffeltem Kartoffelgratin. Der Preis ist dabei von den gewünschten Zutaten und der Personenzahl abhängig: „Ein billiger Spaß ist es aber nicht“, gibt Glücklich zu verstehen. Im Schnitt müsste man bei zwei Erwachsenen rund 150 Euro pro Person fürs „Private Dining“ kalkulieren — dafür soll jedes Menü aber individuell sein. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Der hohe Preis könnte auch Grund dafür sein, warum derartige Geschenke beim Erlebnisanbieter Jochen Schweizer aus München nicht stärker gefragt sind — und das, obwohl andere Dinnererlebnisse und Kochkurse zu den am meisten gekauften Produkten gehören. In den vergangenen drei Jahren konnte keine signifikante Steigerung im Verkauf festgestellt werden, teilt ein Unternehmenssprecher mit.
Aus Sicht der Arbeitnehmer begrüßt der Verband der Köche Deutschlands (VKD) den noch recht kleinen Trend. „Köche können den Preis individuell aushandeln und müssen bei einer hohen Auftragslage nicht zwingend jeden Tag arbeiten“, sagt VKD-Vizepräsident Daniel Schade. Denn für Arbeit an den Feiertagen gebe es in der Branche selten Zuschläge. Schade rät dem Verbraucher zugleich, sich die Kosten genau ausweisen zu lassen: „So kann ich sehen: Wie viel haben die Waren gekostet? Wie viel zahle ich für den Arbeitsaufwand?“ Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenbundesverband Dehoga hat man kein Problem mit Wettbewerb — solange dieser fair sei. „So kann es nicht sein, dass unsere Betriebe ständig mit neuem Regelwerk und neuen Dokumentationspflichten überzogen werden und andererseits rechtsfreie Räume toleriert werden“, sagt Verbandssprecherin Stefanie Heckel. Aufgrund fehlender Zahlen sei nicht zu klären, ob und in welchem Umfang durch solche Angebote den Restaurants Umsatz entgehe. Der Dehoga zieht dagegen bislang eine positive Bilanz: Das Weihnachtsgeschäft in der Gastronomie sei insgesamt gut angelaufen.