Modetrend der 80er Das Comeback der Gürteltasche

Düsseldorf · Ob Mann, ob Frau – die mobile Gesellschaft von heute hat gern die Hände frei und alles griffbereit. Die Tasche vor der Brust und das Handy um den Hals verkörpern einen Trend.

Gilano Franz und Silvana Fonseca passen ihr Outfit den Taschen an.

Foto: Fatima Krumm

Früher um den Bauch, heute quer über die Brust. Die Bauchtasche ist als Brustbeutel zurück. Sie sind aus Nappaleder, Plastik oder Nylon, haben mehrere Fächer oder auch nur eines, und die Bezeichnungen dafür sind so vielfältig, wie die Materialien, aus denen sie sind: Fanny pack, beltbag oder bum bag, alles meint die Bauchtasche. Nur klingt das Wort nach verstaubtem Mallorca-Tourist, der sie entweder über oder stützend unter dem herausragenden Bauch trägt. Englisch ist hipper. Die heutigen Träger auch.

Doch nicht nur Teenager zeigen sich damit, wobei es doch die Jugend ist, die dazu animiert. Die Teenie-Popstars Mike Singer und Lukas Rieger  präsentieren sich ihren 1,8 Millionen Followern damit auf Instagram. Der Wuppertaler Internetstar Kayef, der irgendwo zwischen Pop und Rap divergiert, hat eine eigene Gürteltasche in seine Kollektion aufgenommen. Warum die Tasche so hip ist? „Sie passt zu meinem Outfit“, sagt Silvana Fonseca. „Ich habe sie vom Motorradfahren“, sagt ihr Freund Gilano Franz. Der 29-Jährige findet sie außerdem „cool und praktisch“.

„Die Tasche ist Ausdruck einer immer mobileren Gesellschaft“, erklärt die Düsseldorfer Mode-Expertin und Trendberaterin Karolina Landowski. Ihrer Meinung nach gibt es drei Faktoren, warum sich der Trend halten wird. „Als erstes ist sie funktional. Früher gehörte sie zum Wandern und für Outdooraktivitäten dazu. Das Funktionale wird immer mehr in die Mode eingebracht“, sagt Landowski. Wer auf die Handtasche verzichtet, hat die Hände frei und muss nicht wie beim Turnbeutel oder Rucksack erst die Tasche absetzen, sondern hat alles griffbereit.  Als zweites geht es um die Sicherheit. „Wir wollen alle Sachen nah bei uns tragen. Soziologisch betrachtet ist das verständlich“, analysiert die Mode-Expertin.

Max Gedra aus Mannheim trägt seine Ledergürteltasche trendgerecht über die Brust.

Foto: Fatima Krumm

Sportive Lässigkeit für alle Geschlechter

Der dritte Aspekt ist die Lässigkeit. „Frauen wollen keine plumpen Handtaschen mehr“, sagt Landowski. Dass das Sportive perfekt zu Sneakern passt, zeigen die Schuhläden, die die Gürteltaschen in der Turnschuhabteilung verkaufen. „Ich trage immer eine auf dem Weg zur Arbeit“, erzählt die Schuhfachverkäuferin Gabi  Rösgen. „Als ich jünger war, habe ich sie um den Bauch getragen.“ Heute geht die 61-Jährige mit dem Trend. Zur Auswahl habe sie gleich mehrere zu Hause.

Gürteltaschen gibt es in allen Formen, Farben und Preisklassen.

Foto: Fatima Krumm

Gürteltaschen überschreiten nicht nur Altersgrenzen, vor allem die Geschlechtertrennung verwischt. Ebenso wie Hoodies und Sneaker gehören sie zum „genderless style“, wie Landowski sagt. Aber selbst feminine Frauen kombinieren ihr Kleid gern mit den hippen Taschen. „Der moderne Bruch wertet ein Outfit auf“, so Landowski.

Die Tragevarianten sind vielfältig. Als Handtasche oder um die Hüfte, doch die meisten entscheiden sich für „crossbody“. „Es gibt sonst keine Taschen“, sagt Max Gedra, „und eine Handtasche ist mir zu blöd“. Besonders im Trend liegen die kleinen Taschen von teuren Labels, vor allem Gucci. Der angesagte Rapper Capital Bra nennt seine Songs schon mal „nur noch Gucci“ oder „Rolex“. „Sehr viele sparen darauf. Die Bauchtasche ist ein gutes Einstiegsprodukt in die Marke“, sagt eine Verkäuferin im Gucci-Geschäft. Das Einstiegsprodukt kostet 590 Euro. „Der Trend geht zur Multipocket-Tasche. Der Gürtel wird zur Tasche“, beschreibt Landowski die verschiedenen Varianten von Taschen.

Stefanie Kafka aus Berlin hängt sich ihr Smartphone um den Hals, damit sie es in den Tiefen ihrer Handtasche nicht mehr suchen muss.

Foto: Fatima Krumm

Seit kurzem gehören auch die Handykordeln zum urbanen Straßenlook. Einst von einer jungen Mutter in Berlin erfunden, um die Hände frei zu haben, passt sich die Kordel ins Schema der Gürteltasche ein. Hände frei, alles körpernah und griffbereit. „Das ist ein Spiegel dafür, wie wichtig uns unser Smartphone ist“, meint Landowski. „Früher hatten die Touristen auch die Kamera um den Hals hängen. Heute ist es das Smartphone.“ Im Gegensatz zur Gürteltasche sei der Trend zur Handykordel noch nicht bei den heterosexuellen Männern etabliert.