Mordprozess um Vergewaltigung in Indien hat begonnen
Neu Delhi (dpa) - Knapp sechs Wochen nach dem Tod einer mehrfach vergewaltigten Studentin in Indien hat der Begleiter der jungen Frau die Angeklagten vor Gericht identifiziert. Der 28-Jährige ist der einzige Augenzeuge der Gruppenvergewaltigung.
Sein Vater sagte am Rande des Prozessauftakts am Dienstag, sein Sohn habe die fünf mutmaßlichen Täter wiedererkannt. Die Angeklagten müssen sich unter anderem wegen Mordes, Gruppenvergewaltigung, Entführung und Vernichtung von Beweisen verantworten. Ihnen droht die Todesstrafe. Das Verfahren findet vor einem Schnellgericht in Neu Delhi unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, Anwälte gaben Auskunft.
Der Hauptzeuge war am 16. Dezember gemeinsam mit der 23 Jahre alten Studentin nach einem Kinobesuch in einen Bus gelockt worden. In dem fahrenden Bus vergewaltigten mehrere Männer die Frau und folterten auch den Begleiter. Die 23-Jährige starb Ende Dezember an ihren Verletzungen. Der Fall hatte in Indien zu Protesten und einer gesellschaftlichen Debatte über die im Land alltägliche Gewalt gegen Frauen geführt. Auch international hatte das bestialische Verbrechen Entsetzen hervorgerufen.
Vor dem Schnellgericht wird fünf mutmaßlichen Tätern der Prozess gemacht. Ein sechster Verdächtiger, der nach Einschätzung der Ermittler besonders brutal vorging, ist erst 17 Jahre alt. Als Minderjähriger kann er zu maximal drei Jahren Jugendhaft verurteilt werden. Der Vater der 23-Jährigen forderte am Dienstag erneut die Todesstrafe für alle sechs Verdächtigen. Auch Demonstranten vor dem Gericht skandierten entsprechende Parolen.
Der Hauptzeuge habe am Dienstag außerdem den von der Polizei beschlagnahmten Bus als Tatfahrzeug identifiziert, hieß es aus Kreisen der Verteidigung. Er habe zudem Gegenstände wie Geldbörse und Kreditkarten erkannt, die ihm bei der Tat abgenommen wurden. Der Software-Ingenieur sitzt wegen seiner Verletzungen immer noch im Rollstuhl.
Die fünf erwachsenen Angeklagten erklärten sich im Vorverfahren für unschuldig. Kurz nach ihrer Festnahme hatten die Männer - ein Busfahrer und dessen Bruder, ein Obsthändler, ein Fitnessstudio-Trainer und ein Putzmann - das Verbrechen bei der Polizei gestanden.
Demnach begaben sie sich am 16. Dezember angetrunken auf eine „Vergnügungsfahrt“ mit dem Privatbus und hielten nach einem Mädchen Ausschau, wie es in dem Polizeibericht an das Gericht heißt. Nach der Gruppenvergewaltigung sollen die Beschuldigten versucht haben, die Opfer mit dem Bus zu überrollen, um nicht von ihnen identifiziert werden zu können. Die Verteidigung beschuldigte die Polizei, die Geständnisse unter Folter erzwungen zu haben.
Die Staatsanwaltschaft soll erdrückende Beweise haben. So sollen Ermittler unter anderem Blutspuren des Opfers auf der Kleidung der Männer gefunden haben. Die Anklage will mehr als 80 Zeugen laden. Der Prozess soll an diesem Mittwoch mit dem Verhör des Hauptzeugen durch die Verteidigung fortgesetzt werden.
Wann es zu einem rechtskräftigen Urteil kommen wird, ist nicht abzusehen. Gegen eine Entscheidung des Schnellgerichts können die Männer in Berufung gegen. Sollten sie zum Tode verurteilt werden, können sie ein Gnadengesuch beim Präsidenten stellen. Zuletzt war in Indien im vergangenen November der letzte überlebende Angreifer der Terrorserie von Mumbai gehängt worden. Zwischen der Tat und der Hinrichtung waren etwa vier Jahre vergangen.
Unmittelbar vor Beginn des Prozesses hatte die indische Regierung die Strafen für sexuelle Gewalttäter verschärft. Nach einer Rechtsverordnung können Vergewaltiger nun auch in besonders schweren Fällen zum Tode verurteilt werden. Auch Wiederholungstätern droht der Galgen.