Nach der Mega-Hitze drohen Unwetter

Offenbach (dpa) - Mega-Hitze, aber kein Temperaturrekord. Im rheinland-pfälzischen Bad Dürkheim wurden am Samstag 39,2 Grad gemessen, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach mitteilte.

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Der bisherige Tageshöchstwert sei aber nicht überschritten worden: Das Maximum liegt weiter bei 40,2 Grad. So viel wurden in Karlsruhe am 9. und 13. August 2013 sowie in Freiburg am 13. August 2013 registriert. Dennoch war der 4. Juli der bisher heißeste Tag des Jahres - am Donnerstag waren es in Duisburg und Geilenkirchen 38,7 Grad.

Mit den extrem hohen Temperaturen steigt nun aber die Gefahr schwerer Unwetter. Vor allem der Westhälfte Deutschlands drohten Hagel, schwere Sturmböen und starke Regenfälle. Die Unwetter zogen bereits am Samstag von Frankreich und den Benelux-Staaten heran. Noch größer ist das Risiko am Sonntag; sogar Tornados sind laut DWD möglich. In Thüringen tobten bereits am Samstag Unwetter.

Wegen Verdachts auf Hitzekollaps wurden mindestens sechs Teilnehmer des Deutschen Chorfestivals in Trier ins Krankenhaus gebracht. Die jungen Leute seien etwa bei einer Probe im Trierer Dom zusammengeklappt, sagte ein Feuerwehrsprecher. In Schwagstorf bei Osnabrück kollabierten 25 Erntehelfer auf einem Erdbeerfeld. Bei Badeunfällen am Bodensee starb ein 73-Jähriger, zwei weitere wurden schwer verletzt.

In Berlin musste am Samstag die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstagsgebäudes gesperrt werden. Mehrere Menschen hätten dort Kreislaufprobleme bekommen, sagte ein Bundestagssprecher. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst darüber berichtet.

Die Polizei bekam am Samstag mehrere Notrufe, weil Eltern ihre Kinder während des Einkaufs in geparkten Autos zurückgelassen hatten. Auch Hunde mussten aus Fahrzeugen befreit werden. „Das ist unfassbar, so geht das einfach nicht“, sagte ein Beamter in Thüringen. Die Fahrzeughalter seien mit Megafonen ausgerufen worden.

Blechkarawanen schoben sich am Samstag zu den Küsten. Die Sperrung der A7 im Norden Hamburg und viele Ausflügler verursachten lange Staus auf Autobahnen und Landstraßen. Allein auf der A1 von Hamburg in Richtung Ostsee staute sich der Verkehr nach Polizeiangaben zwischen Ahrensburg und Lübeck auf rund 30 Kilometern. „Auf einmal wollen sie alle - das ist der normale Wahnsinn bei diesen Hochsommertemperaturen“, sagte ein Sprecher des Lagedienstes in Kiel.

Ein Hitze-Brand löste einen stundenlangen Komplettausfall der Sendungen des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte aus. Die Panne in einem elektrischen Schaltraum habe über fünf Stunden ab sieben Uhr morgens gedauert, sagte die Sprecherin des Senders, Claude Savin, am Samstag in Straßburg. Der Sendebetrieb konnte um 12.30 Uhr wieder aufgenommen werden. „Die Panne war so schwer, weil auch das Notstromaggregat betroffen war“, sagte Savin.

Die hohen Temperaturen ließen zudem vielerorts die Ozonbelastung steigen, auch in Hessen. An rund einem Drittel der Messstellen sei am Freitag die Alarmschwelle von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten worden, teilte das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie am Samstag mit. Schon bei über 180 Mikrogramm sollten Aktivitäten im Freien vermieden oder stark reduziert werden. Erhöhte Ozonkonzentrationen können die Atemwege reizen.

Bei den Tagestemperaturen in Europa treten doppelt so oft Hitzerekorde auf wie Kälterekorde, berichtete Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im dpa-Interview. Für längere Zeiträume sei das Verhältnis noch wesentlich krasser: „Bei den Monatswerten haben wir heute schon fünfmal so viele Hitzerekorde wie es in einem stabilen Klima der Fall wäre“, sagte der Wissenschaftler. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, da das Klima durch die Treibhausgase immer weiter aufgeheizt werde.

Nicht nur in Deutschland hat die Hitze schlimme Folgen. In Prag ertrank ein Schwimmer am Samstag in einem Badesee. Schon am Freitag kamen eine junge Frau in einem See bei Brandys und ein älterer Mann im Stausee Orlik im Süden Tschechiens um Leben. Im benachbarten Polen wurden zwei 13 und 14 Jahre alte Mädchen vermisst, die in der Weichsel gebadet hatten. Im slowakischen Zilina ging ein 21-jähriger Badender unter und tauchte nicht mehr auf.

In Italien gab das Gesundheitsministerium für das Wochenende eine Hitzewarnung für mehrere Städte heraus, darunter Florenz, Bozen, Mailand und Rom. Die Temperaturen sollten bis auf 38 Grad klettern. Die Menschen suchten in Scharen Abkühlung in öffentlichen Brunnen.

Über solche Werte können viele Iraker nur lächeln - am Freitag kletterte die Temperatur in Bagdad auf 46 Grad. Wegen des Fastenmonats Ramadan ist das für die Muslime derzeit besonders hart, da sie zwischen Auf- und Untergang der Sonne weder essen noch trinken dürfen. Um Abkühlung in diesen heißen Wochen zu schaffen, haben viele Geschäftsinhaber zu einer besonderen Maßnahme gegriffen: Sie haben vor ihren Läden öffentliche Duschen aufgestellt.