Neil Young: „Ich bin dankbarer geworden“
nterview: Neil Young führte Regie bei dem Film „CSNY – Déja Vu“ und kommt auf Tour nach NRW. Ein Gespräch über Musikfilme, Krankheiten und die Politik nach Bush.
Berlin. Seit mehr als 40 Jahren prägt die unverwechselbare, melancholische Stimme des Kanadiers Neil Young die amerikanische Singer-, Songwriter- und Rockmusikszene. Auf der diesjährigen Berlinale trat der 62-Jährige einmal mehr auch als Regisseur in Erscheinung.
Die eindrucksvolle Dokumentation "CSNY - Déjà Vu" begleitet Crosby, Stills, Nash & Young bei ihrer "Freedom of Speech"-Tour 2006 und kritisiert den Irak-Krieg und die Politik der US-Regierung scharf.
Mr. Young, Sie geben nicht häufig Interviews. Ist es Ihnen ein besonderes Bedürfnis, über diesen Film zu sprechen?
Young: Ich gebe manchmal Interviews, aber nicht zu jedem neuen Album. Gern schicke ich eine Platte einfach in die Welt hinaus und schaue, was passiert. Es liegt mir viel daran, den Film zu unterstützen, ich habe schließlich eine Menge Arbeit hineingesteckt. Es wäre sehr dumm, herzukommen und zu schweigen. Nicht einmal ich würde das tun. (schmunzelt)
Haben Sie Ihren Film zu Beginn eher als Musikfilm oder als politischen Film gesehen?
Young: Es war von Anfang an ein politischer Film, definitiv. Dabei war es das Ziel, die Geschichte von Menschen zu erzählen, die auf Musik reagieren. Natürlich weckt der Titel des Films Assoziationen zu einem Musikfilm. Die Leute erwarten einen solchen, selbst wenn sie schon einmal aufgeschnappt haben, dass er Züge einer Dokumentation hat. Der Film lässt sich wie ein Konzertfilm an, aber er ist viel mehr als das.
Welche Songs werden Sie auf Ihrer neuen Tour spielen?
Young: Es werden durchweg sehr persönliche Songs sein, es wird nicht um Krieg, Hass, Politik oder solche Dinge gehen.
Und wenn die Leute zum millionsten Mal "Heart of Gold" hören wollen?
Young: Dann werde ich es für Sie spielen, wenn mir danach ist. Das ist mein Job.
Glauben Sie, dass Musik die Politik beeinflussen kann?
Young: Ich wollte eine Debatte initiieren. Nur weil ich diese Lieder singe, werden die Menschen nicht tun, was ich für richtig halte. Darum geht es auch nicht. Die Idee ist, Lieder zu singen, über die sich die Menschen unterhalten können. Die Leute haben endlich begonnen, darüber zu reden, was Krieg für eine Verschwendung ist. Lange Zeit war dieses Thema ein Tabu. Nach dem 11. September schlugen uns die Anteilnahme und die Unterstützung der ganzen Welt entgegen. Aus dieser Energie hätte etwas sehr Positives und Verbindendes für alle erwachsen können, aber man hat sie stattdessen in eine negative Richtung gelenkt.
Man entfachte den "Krieg gegen den Terror".
Young: Der "Krieg gegen den Terror" ist keine gute Idee. Er gibt dem Terror höchstens neue Nahrung. Ich habe diesen Krieg nie unterstützt.
Sie sind Kanadier. Welchen Einfluss hat diese Tatsache auf Ihren Blick auf die USA?
Young: Was in Amerika passiert, hat große Auswirkungen auf Kanada, Großbritannien und viele andere Länder. Und diese Regierung speziell scheint keine großen Erfahrungen mit dem Rest der Welt zu haben, zumal der Präsident zum Zeitpunkt seiner Wahl noch nie im Ausland gewesen war.
Welche Hoffnungen verbinden Sie mit der Wahl des neuen Präsidenten?
Young: Ich hoffe, dass Barack Obama der neue Präsident wird. Das wäre gut für Kanada, gut für die Vereinigten Staaten und sehr gut für die Welt. Es würde sich zeigen, dass Amerika wirklich einmal dieser Schmelztiegel war, diese Heimat der freien Menschen, in der alles wahr werden kann.
Sie haben kürzlich eine schwere Krankheit überstanden.
Young: Ich hatte ein Aneurysma. Es hat mich physisch nicht sehr belastet, es war eher eine mentale Belastung. Ich hatte großes Glück, es wurde durch Zufall entdeckt. Hätte man es nicht entdeckt, wäre es wohl explodiert, und ich würde heute nicht hier sitzen. Diese Sache hat meinen Blick auf das Leben durchaus verändert, auch wenn es mich nicht dazu veranlasst hat, Dinge zu tun, die ich sonst nicht getan hätte. Ich bin dankbarer geworden.