Neuss würzt die Luft am Rhein
Nach einem Vorfall in einer Aromen-Fabrik roch es stark nach Maggi. Eine Gefahr für Menschen soll nicht bestanden haben.
Köln/Neuss. Als ob eine überdimensionale Flasche Maggi oder hunderte Brühwürfel explodiert wären — so hat es Dienstag am Morgen in Köln und später in der ganzen Region von Burscheid, über Leverkusen und Monheim bis nach Düsseldorf gerochen. Der Grund war am Nachmittag gefunden. In der Nacht zu Dienstag hatte es bei Silesia, einem Chemiebetrieb im Neusser Süden, der Aromen für die Lebensmittelindustrie herstellt, nach Angaben der Kölner Feuerwehr gebrannt.
Dabei soll Sotolon ausgetreten sein. Der Stoff ist auch in Liebstöckel enthalten. „Ein Nordwind wehte den Geruch nach Köln“, erklärte Jens Müller, Sprecher der Kölner Feuerwehr, gestern. „Sotolon wird zwar grundsätzlich als gesundheitsschädlich eingestuft, aber in dieser geringen Menge besteht keine Gefahr“, sagte Müller. Einige Menschen reagieren jedoch empfindlich auf den Stoff. In jedem Fall wurde im Rheinland kollektiv die Nase gerümpft.
Unklarheiten gab es am Abend aber über den genauen Hergang: Ein Vertreter des Unternehmens in Neuss sagte nämlich, es habe gar kein Feuer gegeben. Die Firma arbeite aber eng mit der Feuerwehr zusammen. Die Polizei in Neuss hat erste Ermittlungen aufgenommen — eine strafrechtliche Relevanz sei zumindest nicht auszuschließen, sagte ein Sprecher. Auch das Kreisgesundheitsamt will sich des Vorfalls, der zu erheblichen Beschwerden geführt hat, annehmen.
Wie stark Liebstöckelduft belästige, liege aber „in der Nase des Betrachters“. Lediglich einem Mitarbeiter im Bürgeramt Köln-Nippes sei am Morgen bei der Arbeit schlecht geworden, melden die Retter. Warum, bleibt unklar.
Nachdem ab sechs Uhr morgens in Köln hunderte besorgte Anrufe bei der Feuerwehr eingegangen waren, suchte eine Spezialtruppe, die „analytische Task Force“, nach der Ursache für den als „würzig“ oder „ätzend“ beschriebenen Gestank. Doch mehrere Messungen der Luft im Stadtgebiet blieben ergebnislos. Auch Luftaufnahmen brachten keine neuen Erkenntnisse.
Der Quelle des Geruchs konnte zunächst nicht lokalisiert werden. „Da es am Morgen sehr windig in Köln war roch es in der ganzen Stadt“, sagte Müller. Rätselraten war auch im Internet angesagt. Beim Kurznachrichtendienst Twitter äußerten viele Nutzer unter dem Schlagwort (Hashtag) #Maggikalypse Bedenken über die Gefährlichkeit des Geruchs, machten aber auch Späße. „Es handelt sich um einen Anschlag der Maggi-Mafia!“, „Wäre der Rhein eine große Erbsensuppe, würde der Geruch gut passen“ oder „Auf den Flaschen von Maggi steht doch extra drauf: Wenige Tropfen genügen!“ war dort zu lesen. Menschen aus der Region markierten auf einer Karte, wo es stank.
Die Kölner Feuerwehr stand mit Chemiebetrieben, Biogas- sowie Müllverbrennungsanlagen in der Stadt und Feuerwehren der Nachbarstädte im Austausch, um das Rätsel zu lösen.
Da das Feuer bei Silesia nach Darstellung der Kölner Wehr aber durch eine Löschanlage gelöscht werden konnte, wussten die Kollegen der Feuerwehr Neuss nichts von dem Brand. „Der entscheidende Hinweis kam dann aus der Bevölkerung“, sagte Müller. Anwohner berichteten gestern auch, dass es rund um das Unternehmen so stark wie noch nie „gestunken“ habe.