Wassermassen drücken auf Deiche - Wochenlange Aufräumarbeiten

Berlin (dpa) - Das Hochwasser wälzt sich mit aller Macht durch Ost- und Norddeutschland. Auch wenn Zeichen der Entspannung in Sicht sind, werden die Aufräumarbeiten noch Wochen dauern.

Vor allem in Schleswig-Holstein blicken die Menschen gebannt auf die Elbe, bei Lauenburg wurde am Dienstagabend ein Rekordpegelstand von 9,61 Meter gemessen. Die Spitze des Hochwassers hat Sachsen-Anhalt verlassen, trotzdem blieb die Lage in Teilen des Landes dramatisch. Bedrohlich waren die Wassermassen auch nach wie vor in Brandenburg. In einigen Gebieten Bayerns führten Unwetter zu einer neuen Hochwasserwelle auf der Donau. In Sachsen entspannt sich die Lage weiter.

Nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch dürfte die Flutkatastrophe einen volkswirtschaftlichen Schaden von insgesamt etwa 12 Milliarden Euro verursacht haben. In der Politik begann eine Debatte über die Finanzierung der Milliardenschäden und den Ausbau des Hochwasserschutzes.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Opfer mit Pauschalzahlungen aus einem Fluthilfefonds unterstützen. Das sagte der FDP-Politiker im Inforadio des RBB. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) sagte in einem Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag), dass der Hochwasserschutz überprüft werden müsse, es bestehe erheblicher Nachholbedarf. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte in der „Superillu“ ein konsequentes und zügiges Umsetzen von Schutzmaßnahmen.

Die Fluthilfe ist auch bei dem Treffen der 16 Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Donnerstag Thema. Am Mittwoch will Merkel noch in die Hochwassergebiete in Lauenburg und Hitzacker (Niedersachsen) reisen. Zuvor hatte Merkel auch Katastrophengebiete in Bayern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg besucht.

Nach dem Deichbruch an der Elbe bei Fischbeck stehen in SACHSEN-ANHALT mehr als 1000 Quadratkilometer unter Wasser. Das ist eine Fläche, die fast halb so groß wie das Saarland ist. Die Bundeswehr warf am Dienstag aus mehreren Hubschraubern große Sandsäcke in die Fluten. Damit wurde ein weiteres Aufreißen des Deiches verhindert und die Fließgeschwindigkeit etwas abgemildert. Nach Angaben des Krisenstabes der Landesregierung ist der Deichbruch im Landkreis Stendal damit unter Kontrolle. Trotz langsam sinkenden Wasserstandes der Elbe sei die Lage weiter dramatisch, sagte Landrat Carsten Wulfänger (CDU). Die Sperrung einer Elbbrücke wegen Hochwassers verursachte weiter Verspätungen im Fernverkehr der Bahn. Betroffen sind die ICE-Verbindungen Berlin-Köln und Berlin-Frankfurt am Main.

Der Pegelstand der Elbe in Lauenburg in SCHLESWIG-HOLSTEIN stieg zentimeterweise auf 9,61 Metern, das langjährige Mittel liegt bei etwa 5 Metern. „„Mittwoch dürften wir den Hochwasser-Scheitel mit 9,63 Meter erreichen“, sagte Feuerwehrsprecher Thomas Grimm. Es wird erwartet, dass der Pegel auch in den kommenden Tagen noch über neun Metern liegen wird. „Wir gehen davon aus, dass wir noch bis Sonntag hierbleiben werden“, sagte Grimm.

Die Spitze des Elbe-Hochwassers erreichte inzwischen die Prignitz im Norden BRANDENBURGS. „Das Plateau geht jetzt langsam durch“, sagte eine Sprecherin des Krisenstabes. Doch der Wasserstand pendelte sich mit 7,73 Meter ((Mittelwert: 2,77 Meter) auf einem historischen Rekord ein - was 29 Zentimeter über dem bisherigen Höchststand von 1880 liegt. „Die Situation ist dennoch nicht zu unterschätzen, weil das Wasser sehr lange bei uns stehen wird.“ Der Landkreis rechnet mit einer Dauer von bis zu zehn Tagen.

Das Elbe-Hochwasser erreichte in NIEDERSACHSEN seinen Höhepunkt weitgehend. „Auch wenn wir davon ausgehen, dass an den meisten Pegeln in Niedersachsen der Höchststand erreicht ist, gibt es trotzdem noch keinen Grund zur Entwarnung“, sagte Sprecher Achim Stolz vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. „Das Wasser wird noch mehrere Tage auf sehr hohem Niveau an den Deichen stehen und einen entsprechenden Druck ausüben.“

Die Elbe erreichte in MECKLENBURG-VORPOMMERN ihren Höchststand. Seit Dienstagmorgen stagnierte der Wasserstand in Dömitz bei 7,20 Meter, am Mittwoch soll er dann auf 6,95 Meter sinken. Im etwas weiter flussabwärts gelegenen Boizenburg stieg die Flut dem Internetportal pegelonline zufolge am Vormittag noch leicht auf 7,30 Meter - normal sind an beiden Stellen etwa zwei Meter. Auch dort werden sinkende Pegelstände erwartet.

In manchen Gebieten BAYERNS führten unwetterartige Regenfälle zu einer neuen Hochwasserwelle auf der Donau. In den von der Flut der vergangenen Woche besonderes betroffenen Gebieten Niederbayerns wurde am Dienstag wieder die Hochwassermeldestufe zwei erreicht, es gibt vier Warnstufen. Die Helfer im Katastrophengebiet rund um Deggendorf müssen voraussichtlich noch mehrere Wochen lang Gebäude auspumpen, ausgelaufenes Öl binden und Straßen vom Schlamm reinigen.