Rassismus-Debatte Niederlande: Krach um „Zwarten Piet“

Samstag beginnt im Nachbarland die Nikolaus-Saison — und ein Kulturkampf um seinen Begleiter, den "Schwarzen Peter". Die Mehrheit liebt ihn, andere sehen ihn als Rassismus-Symbol.

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Maassluis. Selbst ein „Jackpotkleur“ im niederländischen Lotto könnte Bürgermeister Edo Haan nicht glücklicher machen als das große Los, das seine 32 000-Einwohner-Stadt gezogen hat: Hier, wenige Kilometer von Rotterdam entfernt, kommt in diesem Jahr der „Sinterklaas“ an.

Rund zwei Millionen Menschen werden Samstag um 12 Uhr mittags vor dem Fernseher sitzen, wenn der holländische Nikolaus seinem Boot entsteigt (mit dem er legendärerweise aus Spanien kommt). Schon Wochen vor seinem Geburtstag am 6. Dezember feiern die Niederländer ihren „Sinterklaas“, der im Nachbarland wichtiger ist als das Weihnachtsfest (es gibt auch größere Geschenke).

Es könnte alles so schön sein für Maasluis und Bürgermeister Edo Haan, doch mit dem „Sinterklaas“ kommt auch der Ärger und löst einen Polizeieinsatz wie bei einem Risiko-Bundesligaspiel aus. Grund ist der „Zwarte Piet“ (deutsch: Schwarzer Peter), der Begleiter des „Sinterklaas“.

Der „Zwarte Piet“ entspricht dem „Knecht Ruprecht“ in Deutschland und wird seit dem 19. Jahrhundert als dunkelhäutiger Diener dargestellt: in bunten Pluder-Gewändern, mit krausem Haar, dicken Lippen und Ohrring — gespielt von Weißen, die sich die Gesichter schwarz schminken. Dieses „black facing“ gilt vor allem vielen Niederländern, die von Einwanderern aus der Karibik und Surinam abstammen, aber auch linken und liberalen Gruppen als rassistisch.

Vor drei Jahren eskalierte der Krach, als angeblich eine UNHCHR-Erklärung (es handelte sich um eine einzelne jamaikanische Professorin für Sozialgeschichte) im „Zwarten Piet“ ein Menschenrechtsproblem erkannte. Denn die Figur halte ein Stereotyp aufrecht, welches Menschen afrikanischer Herkunft als zweitklassig kennzeichne und dem Rassismus Vorschub leiste.

Demonstrieren will in Maasluis am Samstag lediglich die Niederländische Volksunion (NVU), eine rechtsextreme Partei, die sich die Verteidigung der Traditionsfigur an die Fahnen heftet. Damit schließt sie sich freilich nur einer Mehrheit an, die mit den Rechten nichts im Sinn hat. Rund 80 Prozent der Niederländer wollen, dass der „Zwarte Piet“ so bleibt, wie er ist: schwarz.

Während das öffentlich-rechtliche Fernsehen der Niederlande unter dem Eindruck immer heftigerer Proteste neben den schwarzen inzwischen auch einen weißen Peter setzt, zog RTL Niederlande in dieser Woche einen Schlussstrich unter das Kapitel „Zwarter Piet“. Der Venloer Rechtsaußen-Politiker Geert Wilders twitterte daraufhin wütend: „Feige, feige, feige. Zwarte Piet ist schwarz und muss schwarz bleiben.” Der Fraktionssprecher der Regierungspartei VVD warf dem Sender vor, er verwirre damit die Kinder.

RTL reagierte äußerst gelassen. Es sei nun einmal so, dass für einen Teil der Niederländer der „Zwarte Piet“ ein äußerst diskriminierendes Bild darstelle, während der andere Teil der Meinung sei, dass der Piet unauflöslich zur Tradition des Sinterklaas-Festes gehöre. RTL habe Verständnis für beide Ansichten, sei jedoch der Meinung, dass es in dieser Diskussion nicht darum gehe, Recht zu haben, sondern Verständnis füreinander aufzubringen, teilte der Sender in einer Pressemitteilung mit.

Ganz ähnlich äußerte sich Bürgermeister Edo Haan gegenüber der Zeitung „de Volskrant“. Er sage seit Monaten, dass er gerne sowohl Gastgeber für den „Sinterklaas“ als auch für die Debatte sei. Nach dem Votum für Maasluis habe er die Bürgermeister von Meppel und Gouda konsultiert, die in den Vorjahren Gastgeber des Sinterklaas-Einzugs gewesen seien. Seine Erkenntnis: „Lektion eins für Bürgermeister: neutral bleiben. Ich verstehe sowohl Befürworter als auch Gegner. Ich wuchs in den sechziger und siebziger Jahren auf, und ich persönlich sehe keinen Rassismus-Zusammenhang mit dem ,Zwarten Piet’. Aber ich verstehe, dass für Menschen mit dunkler Haut Sinterklaas nicht die schönste Zeit des Jahres ist.“

Lodewijk Asscher, Minister für Integration und stellvertretender Ministerpräsident der Niederlande, bezeichnete es als Schande, welche Sicherheitsvorkehrungen für den Einzug des „Sinterklaas“ in Maasluis getroffen werden müssten. Dass Befürworter und Gegner des traditionellen Schwarzen Peter die Kinder beim Feiern stören würden, sei „krank“, sagte Asscher dem Rotterdamer Algemeen Dagblad.