Niederlande: Populist Wilders will mitregieren

Die Partei des Islamhassers, PVV, legt bei der Wahl deutlich zu und stellt nun Bedingungen.

Den Haag. Jeden Tag bekamen Muslime in Holland zu hören, was Mitmenschen angeblich über ihre Religion denken: Eine "faschistische Ideologie" sei der Islam, sein Prophet "ein Barbar, ein Massenmörder und Pädophiler", predigte der Islamhasser Geert Wilders. Doch fast schien es, als habe seine Platte einen Sprung bekommen. Als würden sich mehr und mehr Anhänger abwenden - weil es um das ganze Land und ums Sparen zur Bewältigung des Haushaltsdefizits ging.

In der Nacht zu gestern wurden die Niederländer - und mit ihnen ganz Europa - eines besseren belehrt: Rechtspopulismus und Fremdenhass gedeihen unter den Bedingungen der Euro-Schuldenkrise offenbar prächtig.

15 Abgeordnetenmandate zusätzlich, insgesamt nun 24 statt vorher neun für Wilders "Partei für die Freiheit" (PVV) - so stark ist bei der Parlamentswahl keine andere Partei gewachsen. Selbst Mark Ruttes Rechtsliberale, die sich in Fragen von Einwanderung und Immigration deutlich an Wilders angenähert hatten, schafften nur einen Zuwachs von neun Mandaten. Immerhin kam die Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), die für den radikalsten Sparkurs von allen warb, auf insgesamt 31 Sitze. Stärkste Partei wurden die Rechtsliberalen aber nur mit einem Mandat mehr als die Sozialdemokraten, während die Christdemokraten 20 Sitze einbüßten und hinter Wilders landeten.

Holland steht damit vor einer der kompliziertesten Regierungsbildungen seiner Nachkriegsgeschichte. Sie könnte sich über Monate hinziehen. Und das in einer Zeit, da eigentlich rasche und einschneidende Maßnahmen zur Einsparung von rund 30 Milliarden Euro erforderlich sind, um den Staatshaushalt wieder auf Kurs zu bringen. Noch gehören die Niederlande klar zu den Staaten der Euro-Zone, die als Stützen der Gemeinschaftswährung gelten. Langwierige Verhandlungen über eine Koalition könnten dieses Bild trüben.

Rechnerisch wären mehrere Regierungen unter Führung von Rutte möglich, an denen Wilders nicht beteiligt wäre. Die größte Basis hätte eine Koalition aus Rechtsliberalen, Sozial- und Christdemokraten. Und nicht wenige glauben, dass Wilders eigentlich gar nicht regieren will, sondern lieber in der Opposition gegen die politischen Eliten wettern möchte. Doch noch in der Wahlnacht betonte der Schöpfer des anti-islamischen Propagandafilms "Fitna", in dem der Koran als Handbuch für Terroristen verunglimpft wird: "Wir wollen regieren!"

Zugleich machte Wilders klar, dass er ansonsten über gute Möglichkeiten verfügt, die anderen Parteien immer wieder vorzuführen: "Eineinhalb Millionen Niederländer haben uns gewählt, sie haben sich für mehr Sicherheit, weniger Kriminalität und weniger Islam entschieden", sagte er. "Es wäre höchst undemokratisch, dieses Votum zu ignorieren."

Auch für Staatsoberhaupt Königin Beatrix, die nach Beratungen mit prominenten Politikern den Prozess der Regierungsbildung einleitet und zumindest formal steuert, soll eine Beteiligung des Rechtspopulisten eine Horrorvorstellung sein. Auch sie, so ist in Hofkreisen zu hören, fürchtet um die internationale Reputation des Königreichs mit einem Wilders als Minister. Einem Mann immerhin, gegen den noch ein Gerichtsverfahren wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Hass gegen Muslime läuft.

Am 17. Juni soll sich das Parlament in der neuen Zusammensetzung konstituieren. Mit der PVV als drittgrößter Fraktion ist absehbar, wie Wilders künftig auftreten wird. Dreist, aber rhetorisch stark, wie im Wahlkampf, mit Sprüchen wie diesem: "Die linken Eliten glauben immer noch an Multikulti und das Schmusen mit Straftätern, an Entwicklungshilfe, den europäischen Superstaat und hohe Steuern. Aber der Rest der Niederlande denkt darüber ganz anders."