Niederlande — Umstrittene Grenzkontrollen per Kamera
Die Niederländer wollen ab 2012 an den Übergängen Autofahrer schärfer kontrollieren. Das stößt in Deutschland auf Kritik.
Aachen. „Big Brother“-Gefühl nicht ausgeschlossen: Wer 2012 mit dem Auto über die niederländische Grenze fährt, dem sitzen Kameras im Nacken. Sie erfassen mehrere Stunden täglich Kennzeichen und setzen einen Datenstrom in Gang. Es hatte den Anschein, als wollten die niederländischen Nachbarn das Kamerasystem „@migo boras“ heimlich einführen. Pech, dass Reporter nachfragten, was denn die Kameras an einer Grenze im Norden sollten. Seitdem steht das Vorhaben in der Kritik.
Initiator ist das niederländische Ministerium für Einwanderung und Asyl. Deren Chef ist Gerd Leers, der die Verhältnisse an der Grenze gut kennt. Er kämpft gegen Menschenschmuggel und -handel sowie Geldwäsche. Dazu brauche er die Kameras, sagt Leers. An 15 Autobahnen und Straßen mit großen Grenzübergängen sollen sie aufgebaut werden, für kleinere Übergänge werden Fahrzeuge des niederländischen Grenzschutzes ausgestattet. Anfang 2012 soll es losgehen.
Die Kameras gleichen den fließenden Verkehr mit „Risikoprofilen“ ab. Bei einem Treffer würden die Beamten dann kontrollieren. Die erfassten Kennzeichen sollen nicht für andere Zwecke gebraucht werden. Das System soll höchstens 90 Stunden im Monat laufen. Keine permanenten Grenzkontrollen, die gegen die Reisefreiheit von Schengen verstoßen, behauptet Leers. Davon muss er noch die EU überzeugen. Die Kommission hat Zweifel.
Auch Frank Richter von der Polizeigewerkschaft GdP zweifelt: „Das sind Scheinargumente, um die Kontrollen wieder einzuführen.“ Wie Richter hält auch Bettina Gayk, Sprecherin des Datenschutzbeauftragten NRW, die Überwachung für völlig inakzeptabel: „Mit der Überwachung stehen alle Reisenden unter Generalverdacht.“ Und das seien eben auch ganz viele Deutsche.
Bei einer Plenardebatte im NRW-Landtag wurde unlängst deutlich, dass die Landesregierung nicht viel mehr hat als die Information von Leers. Und die lässt wichtige Fragen offen. Es wäre hilfreich, „wenn die niederländische Regierung darüber aufklären könnte, zu welchem Zweck und wie lange Daten gespeichert würden“, sagte Europaministerin Angelica Schwall-Düren (SPD), die mit der niederländischen Regierung in Kontakt steht. dpa