Nordsee: Jetzt fließt das Rohöl aus einem zweiten Loch

Fieberhaft sucht Shell nach einer neuen undichten Stelle. Die deutsche Küste soll im Notfall durch Spezialschiffe geschützt werden.

London. An einer beschädigten Plattform des Konzerns Shell in der Nordsee läuft weiterhin Öl ins Meer.

Nachdem ein bereits am vorigen Mittwoch entdecktes Leck unter Kontrolle gebracht worden sei, habe sich das Öl einen neuen Weg gesucht, teilte der britisch-niederländische Konzern gestern in London mit. Shell betonte, es handle sich nicht um ein neues Leck.

„Die Quelle ist unter Kontrolle“, erklärte der Technische Direktor von Shell, Glen Cayley. Derzeit liefen weniger als fünf Barrel Öl am Tag aus. Der neue Weg des Öls sei schwer zu finden.

Das neue, kleinere Loch liege an einer verdeckten Stelle mit vielen Wasserpflanzen und einer komplexen Unterwasser-Infrastruktur. Es sei von einem Hubschrauber aus der Luft entdeckt worden.

An der beschädigten Plattform waren nach Schätzungen seit vergangener Woche rund 216 Tonnen — etwa 206 700 Liter — Öl in die Nordsee geflossen. Nach Angaben der britischen Behörden handelt es sich um den größten Störfall dieser Art seit mehr als einem Jahrzehnt.

Das deutsche Havariekommando forderte beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eine Prognose der Drift und damit der möglichen Ausbreitung an. Sollte das Öl entgegen der bisherigen Annahme doch auf die deutsche Küste zutreiben, könnten mehrere Schiffe zur Bekämpfung des Teppichs eingesetzt werden.

Kritik an Shell kommt von Umweltverbänden. Sie beklagen die Informationspolitik und das Krisenmanagement des Konzerns. Grünen-Chefin Claudia Roth warf der Bundesregierung und der EU Untätigkeit vor.