Nummernschilder bei Verbrechern begehrt
In NRW werden jedes Jahr 11 000 Kennzeichen gestohlen. Für die Opfer wird das teuer.
Düsseldorf. „Dass die Nummernschilder weg sind, das geht so schnell. Jeder kann die mitnehmen.“ Autobesitzer Markus Thesing spricht aus bitterer Erfahrung. Seine Wunschkennzeichen waren ganz plötzlich weg — ausgerechnet als er wegen einer anderen Sache vor der Zulassungsstelle geparkt hatte.
„Ich konnte mich im Prinzip direkt umdrehen und neue machen lassen.“ Das ist ein Massenphänomen: In Nordrhein-Westfalen sind im vergangenen Jahr etwa 11 000 Nummernschilder als gestohlen gemeldet worden. Das errechnete das Landeskriminalamt.
„Wie viele davon für andere Straftaten missbraucht werden, wissen wir nicht“, sagt LKA-Sprecherin Michaela Heyer. „Aber es verwundert schon, dass die Zahl so hoch ist.“ Eine Zahl, die zeigt, dass der Kennzeichen-Klau in den meisten Fällen definitiv kein Jugendstreich ist. „Die Vermutung liegt nahe, dass mit einem Teil davon dann auch weitere Verbrechen verübt werden.“
Mit den erbeuteten Schildern würden Kriminelle zum Beispiel tanken, ohne zu bezahlen, oder gestohlene Autos verschieben. Ein Beispiel für den kriminellen Gebrauch war jüngst ein Überfall auf einen Geldtransporter in Neuss. Für ihren Raub hatten die Gangster ihr Fluchtauto mit gestohlenen Kennzeichen ausgestattet.
Ein Kennzeichen zu stehlen ist bedeutend billiger, als eines zu fälschen — und einfacher ist es auch. An den meisten Neuwagen werden die Schilder nicht einmal mehr angeschraubt, sondern nur eingehangen. Häufig haben es die Ganoven auch nur auf die TÜV-Plakette abgesehen, um die Hauptuntersuchung zu fälschen, sind sich Experten sicher.
Was als Ärgernis beginnt, kann für die bestohlenen Autofahrer schnell zum Alptraum werden. Zum Beispiel, wenn Bankräuber die Schilder an ein Fluchtauto schrauben. Markus Thesing hat deshalb sofort Anzeige erstattet. „Ich dachte: Wenn damit irgendetwas passiert, werde ich dafür belangt und mitten in der Nacht aus dem Bett geklingelt.“
Ohne Anzeige bei der Polizei läuft ohnehin nichts. Nur mit Beleg der Polizei darf man ohne Kennzeichen fahren — und nur mit Beleg gibt es neue Kennzeichen bei der Zulassungsstelle. Dort ist man täglich mit dem Schilderklau konfrontiert. Dort gibt es eine Rote Liste für solche Kennzeichen.
Die sind dann in der Fahndung „scharf geschaltet“. Erst nach fünf Jahren auf dieser Liste wird die gestohlene Buchstaben-Zahlen-Kombination wieder freigegeben.
Rund 50 000 Kennzeichen sind deshalb in NRW auf Eis gelegt. „Meine Wunschkennzeichen waren also erstmal weg“, erzählt Markus Thesing. „Und was auch weg ist, sind die 70 Euro für die neuen Schilder.
Das ist natürlich auch ärgerlich.“ 30 Euro für die neuen Kennzeichen plus 40 Euro Gebühren. Weitaus höher dürfte allerdings der Schaden durch die Straftaten sein, die mit den geklauten Schildern begangen werden.