Ökostadt für 50.000 Menschen
Der Initiativkreis Ruhrgebiet will eine Kommune mit allen derzeit möglichen Umwelt-Technologien ausstatten. Welche Stadt es sein wird, entscheidet ein Wettbewerb.
Essen. Das Ruhrgebiet plant ein Großprojekt mit bundesweiter Ausstrahlung: Mitten im ehemaligen Kohlerevier soll eine 50.000-Einwohner-Stadt mit allen derzeitigen technischen Möglichkeiten zur Ökostadt umgebaut werden. Ziel sind gut 50 Prozent CO2-Einsparung durch Wärmedämmung der Häuser, Optimierung der Industrie, Elektroautos, Windräder und Solaranlagen. Zugleich soll die Stadt saniert und erneuert werden.
Die Investitionshöhe wird bisher nicht genannt, sie dürfte enorm sein. Die Industrie hofft aber, einen Großteil der Kosten durch Verkauf des Know-hows an andere Städte und Export wieder herein zu bekommen.
Am Samstag beschloss die Vollversammlung des Initiativkreises Ruhr, in dem die großen Unternehmen im Revier organisiert sind, den Start des Projekts. Das Land beteiligt sich, steuert im ersten Schritt zur gemeinsamen Projektgesellschaft mit dem Initiativkreis 50.0000 Euro bei. Das ganze Projekt startet im Oktober mit der Festlegung der Musterstadt oder des Muster-Stadtteils.
In der "innovation city" würden die verschiedenen Kohlendioxid-Sparmöglichkeiten erstmals im Großversuch zusammengebracht und koordiniert umgesetzt, sagte der Projektleiter im Initiativkreis, der ehemalige Degussa- und Evonik-Vorstand Alfred Oberholz. Geplant sei etwa das Durchsanieren des gesamten Gebäudebestandes. Damit lasse sich schon erheblich CO2 sparen. 500 Elektro-Autos, Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, Klein-Windräder für Mietshäuser und Solaranlagen sollen für umweltfreundliche Energieerzeugung sorgen.
Welche Stadt den Zuschlag bekommt, ermittelt eine Jury in einem Wettbewerb, der am 22. März offiziell ausgerufen wird. Dabei werde eine Kommune ausgewählt, die in etwa dem statistischen Durchschnitt des Ruhrgebiets entspricht - also zwei Drittel der Fläche Wohnen, ein Drittel Gewerbe und Industrie. "Ein reiner Industriestandort mit Stahlwerk oder Chemiefabrik wird es genauso wenig wie ein ländlicher Ort", sagte Oberholz.
Die Macher denken an moderne Energiesparkonzepte wie die Vernetzung aller Stromhaushalte über eine Leitzentrale. In Phasen hohen Energiebedarfs könnten dann nicht genutzte Geräte für kurze Zeit aus der Ferne abgestellt werden, ohne dass die Bewohner dies überhaupt bemerken. "Kühltruhen können Sie zum Beispiel ohne Probleme für zehn Minuten abschalten", sagt Oberholz. Elektroautos sollten in Anlehnung an einen erfolgreichen Pilotversuch in Ulm auch über Smartphone oder Handy und das Internet vermietet werden. Ein Elektro-Stadtbus soll für ältere Leute kostenlos verkehren.
Die Initiatoren erhoffen sich Imagewerbung für das Ruhrgebiet und zugleich praktische Erfahrungen mit Energiespartechniken. An dauerhafte Subventionen sei nicht gedacht: "Nach zehn Jahren ist die Förderung zu Ende."