Ohne Vorspann kein „Tatort“

Die Anfangssequenz der Krimi-Reihe ist ihr Markenzeichen. Nun gibt es Streit darüber, ob sie geändert werden soll.

Berlin. Gunther Witte ist sauer. Der Erfinder der populären ARD-Reihe „Tatort“ ärgert sich über Schauspieler Til Schweiger, der den immergleichen Vorspann der Krimis nicht mag und ihn am liebsten abschaffen möchte. Der einstige Fernsehspielchef des WDR hält die Forderung Schweigers, der bald selber einen „Tatort“-Kommissar mimen darf, für „absurd“. Denn für Witte, der die Krimireihe 1970 aus der Taufe hob, gehört der zum TV-Kult gewordene Vorspann mit dem Fadenkreuz, den berühmten Augen und dem von Jazzmusiker Klaus Doldinger komponierten Ohrwurm untrennbar zum „Tatort“.

Er ist ein wichtiger, wenngleich nicht der wichtigste Teil des strengen Regelkanons, den ihm sein Erfinder damals verpasste. Die drei wichtigsten Gesetze lauten: „die Regionalität, die führende Rolle des Kommissars und die Forderung, dass der Zuschauer die Geschichten in unserer Realität für möglich halten sollte “, erklärt Gunther Witte.

Tatsächlich jagen von Kiel bis Konstanz und von Köln bis Leipzig viele Kommissare mal mehr, mal weniger realistisch Mörder — und das ernorm erfolgreich: Die zehn meistgesehenen Fernseh- und Spielfilme des vergangenen Jahres im deutschen Fernsehen waren samt und sonders „Tatort “-Krimis.

Neben den drei goldenen Krimigeboten Regionalität, Realismus und der Kommissar als Hauptfigur sind noch weitere der mehr als 40 Jahre alten Vorschriften des sogenannten Witte-Papiers nach wie vor in Kraft: So gibt es auch in modernen „Tatort“-Filmen in der Regel ein Mordopfer am Anfang und einen überführten Mörder zum Schluss, die Leiche taucht meistens in den ersten zehn Minuten auf, wilde Kamera-Aktionen sind verpönt, Rückblenden werden eher selten eingesetzt — nur keine Experimente. Und das bedeutet eben auch: Jeder „Tatort“ fängt mit dem berühmten Vorspann an und hört mit dem bekannten Abspann auf.

Gerade in der Anfangszeit habe mancher Regisseur zwar versucht, „den gemeinsamen Nachspann auszuhebeln und durch eine individuelle Lösung zu ersetzen“, erzählt Witte, der bis 1998 als „Tatort“-Koordinator für die Krimireihe zuständig war — doch das wusste er stets zu verhindern. Natürlich hat sich der „Tatort“ in den vergangenen vier Jahrzehnten immer weiterentwickelt. Die wichtigsten Neuerungen: Immer mehr Frauen lösen Verbrechen. Das stört Witte aber keineswegs — im Gegensatz zur Abschaffung des Vorspanns.