Farbforscher Op-Art-Künstler Carlos Cruz-Diez: Farbe im Kopf

Paris/Ingolstadt (dpa) - Seit über 50 Jahren experimentiert Carlos Cruz-Diez mit Farbe und Optik. So wie Johann Wolfgang von Goethe, auf den sich der Op-Art-Künstler auch beruft.

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Die Farbenlehre des deutschen Dichters und Denkers sei eine entscheidende Lektüre gewesen, sagte der Franko-Venezolaner. Damit habe vieles angefangen. Das war Mitte/Ende der 50er Jahre. Seitdem schafft der inzwischen 94-Jährige visuelle Kunst, die mit der Wahrnehmung des Betrachters Schabernack treibt. Das Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt widmet ihm nun eine umfassende Ausstellung mit eigens dafür geschaffenen Werken.

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Goethe hatte sich zwischen 1791 und 1810 mit der Wahrnehmung von Licht und Farbe auseinandergesetzt und ein opulentes Werk darüber verfasst. Cruz-Diez hat ein Gesamtwerk aus Malereien, Papierarbeiten, Grafiken, raumgreifende Lichtinstallationen und großformatigen Projekten im öffentlichen Raum geschaffen, wofür er zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhielt.

Er sei ein Farbforscher, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Paris weiter. Ein Rundumblick in seinem Atelier reicht als weiterführende Erklärung aus: Gitterraster-Bilder, deren Farben sich ändern, je nachdem wo man steht, und die anschwellen, um plötzlich wieder zu schrumpfen.

Cruz-Diez wurde 1923 in Caracas geboren, wo er an der dortigen Hochschule für Bildende Kunst studierte. Bevor er jedoch begann, seine Farblabyrinthe zu schaffen, arbeitete er als Werbegrafiker und Illustrator. Anfang der 60er Jahre ließ er sich in Paris nieder, wo er noch heute lebt und arbeitet. Im Jahr 1997 wurde ihm in seiner Geburtsstadt Caracas ein Museum gewidmet.

Warum er sich damals für Paris entschied? „Paris sprudelte in den 60er und 70er Jahren vor Kreativität“, erklärte er. In Paris habe man Ideen ausgetauscht und es sei debattiert worden. „In Paris konnte man sich an seinen Zeitgenossen messen. In New York wurde gekauft und gesammelt“, so der Künstler.

Cruz-Diez gilt im Bereich der Farbtheorie als eine Schlüsselfigur des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Wirkung von Farbe durch Bewegung, Licht und optische Effekte. Dabei wird die Farbe als eigenständige Wirklichkeit betrachtet, die weder Beiwerk, noch Form braucht.

Etwa 23 Mitarbeiter gehen dem Künstler bei seiner Arbeit zur Hand. Nach Farbtöpfen und Pinsel sucht man in seinem Atelier vergebens. Denn seine Werke bestehen aus Kartonstreifen, vertikalen Lamellen auf feingestreiften Trägerplatten, Aluminium und Plexiglas, die in verschiedenen Ebenen angeordnet sind.

Mit seinen 94 Jahren kreiert Cruz-Diez noch immer. Täglich, wie er sagte, denn er habe die Farbe im Kopf wie andere Musik im Ohr. Für die Ausstellung „Carlos Cruz-Diez. Color in Motion“ (18. März bis 16. September), die ihm das Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt widmet, hat er gleich mehrere Werke geschaffen, darunter ein Farblabyrinth, durch das der Besucher schreiten kann.