Oscar Niemeyer arbeitet an seinem 104. Geburtstag

Rio de Janeiro (dpa) - Brasiliens „Jahrhundertarchitekt“ Oscar Niemeyer hat auch an seinem 104. Geburtstag die Arbeit nicht ruhen lassen.

Er nutzte das Jubiläum am Donnerstag in Rio zur Vorstellung der elften Ausgabe der Kultur-Zeitschrift „Nosso Caminho“ (Unser Weg), die er gemeinsam mit seiner Frau Vera Lúcia (66) herausgibt und für die er viele Texte schreibt. Die „Nummer Elf“ ist dem Dichter und Gitarristen Vinicius de Moraes (1913-1980) gewidmet.

Auch im hohen Alter ist Niemeyer voller Tatendrang. „Ich habe noch eine gute Gesundheit und einen fast jugendlichen Enthusiasmus für das architektonische Schaffen. Das belebt mich sehr“, sagte er in einem Exklusiv-Interview der Zeitung „Correio Braziliense“. Jeden Nachmittag fahre er in sein Büro an der Copacabana. „Dort bleibe ich bis mindestens 19 Uhr. Dann kehre ich nach Hause zurück oder gehe in ein Restaurant, wo ich mich dann und wann abends mit Freunden treffe.“

Zu seinen größten Herausforderungen gehöre es, klar zu bleiben und die Kreativität zu bewahren, um mit seinen Projekten fortzufahren. Auf die Frage, ob er den Drang fühle, etwas völlig Neues, Revolutionäres zu schaffen, antwortete Niemeyer: „Mit Sicherheit“. Im vorigen Jahr war er kurz vor dem 103. Geburtstag unter die Songschreiber gegangen und hatte Text und Musik für den Samba „Tranquilo com a vida“ (In Frieden mit dem Leben) geschrieben.

Niemeyer, der die geschwungenen Kurven liebt und nach Worten des Star-Architekten Le Corbusier (1887-1965) „die Berge Rios in den Augen“ hat, wurde am 15. Dezember 1907 als eines von sechs Kindern eines deutschstämmigen Kaufmanns in Rio geboren. Berühmt wurde er unter anderem für seine Entwürfe in der brasilianischen Hauptstadt Brasília. Er realisierte hunderte Projekte rund um die Welt.

Am Donnerstag wurde die Geburtstagsstimmung nur durch die jüngste Botschaft aus der nordspanischen Stadt Avilés getrübt, wo das erst vor knapp neun Monaten eröffnete Niemeyer-Zentrum bis auf weiteres geschlossen wird. Niemeyer hatte das Zentrum einmal als sein wichtigstes Bauwerk in Europa bezeichnet.