Paul Ziemiak - konstruktiv, nicht harmlos

Er sieht zwar aus wie ein „Bubi mit dem Seitenscheitel“, aber harmlos ist er nicht. Der neue JU-Chef ist kritisch, zugleich um Kompromisse bemüht und auf den ersten Blick näher bei Seehofer als bei Merkel.

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Inzell/Iserlohn (dpa/lnw) - Paul Ziemiak war drei Jahre alt, als seine Eltern sich von Polen nach Deutschland aufmachten. Mit drei Koffern, zwei kleinen Kindern und sehr viel Mut - so erzählt der neue Vorsitzende der Jungen Union seine Familiengeschichte. Seine Geburtsstadt ist Stettin (Szczecin), seine Heimatstadt Iserlohn.

Hier kam er mit 14 Jahren zur Nachwuchsorganisation von CDU und CSU und wurde Vorsitzender des neugegründeten Kinder- und Jugendparlaments der Stadt - heute ist er dort im Stadtrat. Er sitzt im CDU-Bezirks- und Landesvorstand Nordrhein-Westfalen. 2012 wurde er Chef der NRW-JU, dem größten und mächtigsten aller Landesverbände.

Er brach ein Jurastudium ab, inzwischen studiert der 29-Jährige Unternehmenskommunikation. Er ist stolz darauf, dass seine Eltern 1988 den Schritt wagten, ihre Heimat zu verlassen. Und er ist dankbar, dass er in einem so reichen Land wie Deutschland leben kann, wo er jetzt mit seinem Sieg bei der Kampfabstimmung um den JU-Vorsitz schon Parteikarriere gemacht hat.

Ziemiak ist ein nachdenklicher und recht kontrollierter junger Politiker - und ein guter Redner und Moderator. Er leitet souverän und spielerisch einen JU-Kongress, er begeistert die Delegierten mit freier Rede über seine Ziele für die JU. Generationengerechtigkeit, Energiewende, Familie und innere Sicherheit sind seine Schwerpunkte.

Er ist deutlich konservativer als die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und hat Sprüche drauf, die der umstrittenen „Wer betrügt, der fliegt“-Losung von CSU-Chef Horst Seehofer ähneln. Unter dem Jubel der JU sagt Ziemiak Sätze wie: „Wer die Scharia mehr achtet - da hilft kein Integrationskurs, da hilft nur Gefängnis.“

Ziemiak, der mit 63 Prozent der Stimmen gewählt wurde, muss nun erst einmal das Lager seines unterlegenen Gegenkandidaten Benedict Pöttering einbinden, der die anderen 37 Prozent bekam.

Politik versteht er als „Spagat zwischen Kompromissbereitschaft und Durchsetzungsvermögen“. Er will einen „lauten“, aber konstruktiven Jugendverband. Er will nicht die Unionsspitzen dauernd attackieren, sondern diese dazu bringen, dass sie der JU zuhören und ihre Belange aufgreifen. Selbstironisch nennt er sich einen „Bubi mit dem Seitenscheitel“. Aber so harmlos ist er nicht.

Ziemiaks Botschaft an den 117 000 Mitglieder großen Jugendverband, der gemessen an seiner Stärke eher wenig Gehör findet, klingt so simpel wie richtig: „Es gibt viel zu tun für uns.“