Pistorius muss wieder vor Gericht
Indizien sollen klären, ob er vorsätzlich geschossen hat.
Addis Abeba/Pretoria. Für die Familie Steenkamp wird es ein schwerer Tag. Tochter Reeva wäre am Montag 30 Jahre alt geworden. Aber sie ist tot — erschossen von ihrem Freund, dem südafrikanischen Prothesen-Sprinter Oscar Pistorius. Das war vor einem halben Jahr. Ausgerechnet an Reevas Geburtstag steht nun für den 26-jährigen Sportler der nächste Gerichtstermin an.
Die Staatsanwaltschaft, die Pistorius Mord vorwirft, will dabei die Anklageschrift formell an den Richter und die Verteidigung übergeben. Zudem wird voraussichtlich der Termin für den Beginn des Verfahrens festgelegt. Wahrscheinlich soll es Anfang 2014 eröffnet werden. Der beinamputierte Pistorius beteuert, er habe das Model versehentlich erschossen, weil er Einbrecher im Haus vermutete.
Vor allem geht es darum, was die Ermittlungen der Polizei am Tatort ergeben haben. Dazu gehören Untersuchungen, mit denen rekonstruiert werden soll, was sich am Valentinstag in Pistorius’ Haus abgespielt hat. Der Olympionike sagt, er habe auf seinen Beinstümpfen gestanden, als er durch die geschlossene Badezimmertür feuerte. Die Anklage ist überzeugt, dass das nicht stimmt — wenn Pistorius sich mitten in der Nacht die Prothesen angelegt hat, bevor er vier Mal schoss, könnte dies beweisen, dass er vorsätzlich handelte.
Zudem ist ein Smartphone Teil der Ermittlungen. Pistorius soll damit in der Nacht Anrufe getätigt haben — kann sich aber nach eigenen Angaben nicht an sein Passwort erinnern. Deshalb wurden der Hersteller und Interpol zu Hilfe gerufen. Sie sollen das Telefon entsperren.
Die rechtlichen Probleme des Sportlers hören aber nicht bei den Mordvorwürfen auf. Die Steenkamps wollen Medienberichten zufolge auch auf finanzielle Entschädigung klagen. Reevas Eltern sagen, sie seien finanziell von den Einkünften der Tochter abhängig gewesen. Da das Geld nun wegfalle, müsse Oscar Pistorius dafür aufkommen.
Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte die Zeitung „Beeld“ Fotos, die Pistorius beim Kajak-Fahren mit einem Freund zeigen. Onkel Arnold Pistorius sah sich sogleich gezwungen, den Neffen zu verteidigen. „Oscar brauchte eine Pause und musste aus dem Gefängnis raus, in dem er lebt“, erklärte er. Seit ein Gericht den Sportler im Februar auf Kaution in die Freiheit entlassen hatte, lebt er im Haus des Onkels.