Poetisch: Annett Louisan ist zurück
Hamburg (dpa) - Blond ist Annett Louisan schon lange nicht mehr, Single und Hamburgerin inzwischen wieder. Sie sagt Sätze wie „Ich bin nicht mehr 25 und kann auch andere Themen tragen“ und spricht übers Älterwerden.
Doch Zuckersüßes klebt oft - und so hat man beim Hören ihrer zarten, unverwechselbaren Stimme noch immer zuerst das Bild der Pop-Lolita vor Augen. Mit Kindfrau-Image, blonder Mähne und ihrem Hit „Das Spiel“ („Ich will doch nur spielen“) hatte die Karriere der nur knapp über 1,50 Meter großen Sängerin 2004 begonnen. Schlag auf Schlag folgten Alben und Tourneen, dann eine Auszeit - und nun ist sie zurück mit dem am Freitag erschienenen Album „In meiner Mitte“.
Nach der 2008 veröffentlichten CD „Teilzeithippie“ ist sie viel gereist, hat eine Zeit lang in New York gelebt und „dies und das ausprobiert“. Diese Auszeit hat die inzwischen 33-Jährige, die für jedes ihrer vier Alben Platin einheimste, gebraucht: „Für mich war diese Pause ja schon sehr lang, da ich in den vergangenen Jahren fast jedes Jahr ein neues Album veröffentlicht habe oder auf Tour war. Aber so ging das auch nicht mehr weiter“, sagt Louisan im dpa-Gespräch. „Ich brauchte wirklich mal eine kleine Verschnaufpause, vor allem auch mal den Schritt raus und den Blick auf das, was ich bin und was ich gemacht habe.“
All das habe ihr wieder das Selbstbewusstsein gegeben, etwas zu sagen zu haben und ein Album zu machen. Mit neuem Team: Statt Frank Ramond, mit dem sie bei allen vorherigen Platten zusammenarbeitete, holte sie sich den Musiker Danny Dziuk (schrieb für Ulla Meinecke). Auch Meinecke selbst sowie Annette Humpe und Louisans Ex-Freund Martin Gallopp gehören zu den Songschreibern der 13 Titel. „Für mich war es Zeit, einfach etwas auszuprobieren, einen Schritt weiterzugehen“, sagt Louisan. „Ein neues Team sieht einen wieder ganz anders, das inspiriert - und das hab ich auch gebraucht.“
Zu leisen Pianoballaden, zur teils vertrauten Louisan-Mischung aus Pop und Chanson und zu neuen, von Folk- und Zigeuner-Klängen geprägten Melodien besingt sie ihre Sehnsucht nach ihrer Mitte. „Weil ich die in den seltensten Fällen fühle, sie aber eigentlich für ganz vernünftig halte“, erklärt Louisan. „Ich bin ein sehr extremer Mensch und durch mein Leben mal ganz nach oben und dann auch wieder ganz nach unten geschossen - da sehnt man sich nach der Mitte.“ Doch das Paradoxe sei: „Sobald ich mal drei Tage die Füße stillhalte, will ich auch schon wieder los. Das ist das große Dilemma, das ich habe.“
Poetisches und Persönliches haben die Sängerin und ihre Texter verfasst. Sie selbst liebt Märchen und hält Fantasie - „dass man sich seine Welt so anmalen kann wie man das gerne möchte“ - für wichtig. Sie singt von der Liebe, in der auch sie Höhen und Tiefen erlebt hat. „Die paar Beziehungen, die ich in meinem Leben geführt habe, die waren alle intensiv und groß und so verschieden - aber jede Trennung ist schmerzhaft. Ob man nun geht oder gegangen wird, ist dabei im Grunde egal.“ Trotz allem bleibe sie eine große Romantikerin: „Ich hoffe ja noch immer darauf, dass es noch den einen anderen Bekloppten gibt, der ebenso romantisch ist wie ich.“