Ermittlungsverfahren Polizist soll Informationen an AfD-Chatgruppe verraten haben

Berlin · Die Polizei muss mit vielen Informationen sorgfältig umgehen. Wenn Dienstgeheimnisse verraten werden, ist das schon problematisch genug. Noch schlimmer wird es, wenn einzelne Mitwisser zu rechtsextremistischen Kreisen gehören könnten.

Symbolbild

Foto: obs/everphone

Ein Berliner Polizist steht einem Medienbericht zufolge im Verdacht, interne Informationen zum islamistischen Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz an Parteifreunde von der AfD verraten zu haben. Staatsanwaltschaft und Senatsinnenverwaltung bestätigten, dass es ein Ermittlungsverfahren gebe, wollten sich zu den konkreten Vorwürfen aber nicht äußern. Nach dem Bericht des ARD-Politikmagazins „Kontraste“ und des NDR wird gegen den Polizeihauptkommissar wegen des Verdachts auf Verrat von Dienstgeheimnissen ermittelt.

Demnach soll der Polizist Mitglied der AfD sein und in einer Chatgruppe anderen AfD-Mitgliedern interne Informationen der Polizei zu dem Terroranschlag im Dezember 2016 mitgeteilt haben - ein erstes Mal bereits 90 Minuten nach dem Anschlag. Am nächsten Tag soll er Ergebnisse zur Untersuchung des Lastwagens verschickt haben, mit dem der Täter in den Weihnachtsmarkt gefahren war. Weitere Nachrichten folgten nach Erkenntnissen des Berliner Landeskriminalamts (LKA).

Zu der Chatgruppe mit zwölf Mitgliedern soll nach dem Medienbericht auch ein Mann gehört haben, der inzwischen unter Verdacht steht, an einer langen Serie von rechtsextremistischen Bedrohungen und einigen Brandanschlägen in Berlin-Neukölln beteiligt gewesen zu sein. Bei einer Durchsuchung im vergangenen Jahr beschlagnahmte demnach die Polizei ein Handy des Mannes, fand den Gruppenchat und stieß so auf die Informationen des Polizisten.

Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass „wegen Äußerungen im Rahmen einer Chatgruppe gegen einen Berliner Polizeibeamten wegen Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt wird“. Ein Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte: „Der Sachverhalt ist hier bekannt. Aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens werden wir uns dazu jedoch nicht äußern (können).“ Die Polizei antwortete zunächst nicht auf eine Anfrage.

Der FDP-Vertreter im Bundestags-Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag, Benjamin Strasser, kritisierte: „Polizeiinterne Informationen haben in AfD-Chats genauso wie in anderen externen Chatgruppen nichts zu suchen.“ Der Ermittlungserfolg könne durch so ein Fehlverhalten von Polizisten massiv gefährdet werden. „Es ist nun hochgradig wahrscheinlich, dass die Informationen aus dieser Chatgruppe auch in weitere Kreise im Umfeld der AfD geflossen sind.“

Der Attentäter Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen gekapert, mit dem er über den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz raste. Er tötete zwölf Menschen. Amri hatte enge Kontakte ins Salafistenmilieu und war Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

(dpa)